Treibhausgas aus Wasserkraftwerken

Jan Oliver Löfken

Grüne Flusslandschaft

Davide Vanzo/ETH Zürich

Weltweit wird etwa ein Sechstel des Stroms aus Wasserkraft gewonnen – deutlich mehr als mit allen laufenden Kernkraftwerken. Doch obwohl Wasserkraftanlagen zu den erneuerbaren Energiequellen zählen, werden Treibhausgase frei, indem sie aus dem Flusswasser austreten. Die CO2-Emissionen analysierten Forscher am Kariba-Staudamm an der Grenze zwischen Sambia und Simbabwe im südlichen Afrika nun genauer. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten, schwanken die CO2-Emissionen nicht nur saisonal, sondern verändern sich auch täglich – abhängig vom Betrieb des Wasserkraftwerks.

Staumauer und Stausee

Kariba-Stausee

Ein ganzes Jahr lang untersuchten Elisa Calamita von der Technischen Hochschule in Zürich und ihre Kollegen oberhalb und unterhalb des Kariba-Staudamms die CO2-Emissionen des Sambesi – des viertlängsten Flusses in Afrika. Für ihre Messungen nutzten die Forscher Sensoren, um den CO2-Gehalt im Wasser zu bestimmen, und ermittelten zusätzlich den pH-Wert, die Temperatur und die Leitfähigkeit des Wassers. Die Daten des abströmenden Wassers verknüpften Calamita und ihre Kollegen außerdem mit dem jeweils aktuellen Betriebsstatus des Wasserkraftwerks. Damit ließen sich nicht nur die saisonalen, sondern auch die täglichen Schwankungen der Emissionen abhängig von der Stromerzeugung analysieren.

Die Messungen ergaben, dass unterhalb des Staudamms das Wasser über das ganze Jahr hinweg mit CO2 übersättigt war und folglich das Treibhausgas freisetzte. Da sich zudem das aufgestaute Wasser während des Jahres unterschiedlich schichtete, schwankte die CO2-Konzentration stark. Zusätzlich zu diesen saisonalen Schwankungen traten aber auch tägliche Variationen auf. Diese waren abhängig von dem Betrieb des Wasserkraftwerks, das in den Morgenstunden und am frühen Abend am meisten Strom erzeugte. Zu diesen Tageszeiten strömte also mehr Wasser aus dem Stausee in den Unterlauf des Sambesi. Dadurch schwankte die CO2-Emissionen allein im Tagesverlauf um bis zu 200 Prozent. Ähnliche Messungen oberhalb des Wasserkraftwerks, in dem das Flusswasser gleichmäßiger strömte, zeigten dagegen keine starken täglichen Variationen.

Diese Messungen zählen zu den ersten weltweit, welche die CO2-Emission verursacht durch Wasserkraftwerke genauer untersuchen. Auf der Basis ihrer Messdaten schätzen die Forscher, dass die Menge des emittierten CO2 unterhalb des Wasserkraftwerks bisher nicht genau genug ermittelt wurde. Dadurch wurden bislang die Auswirkungen von Stauseen auf das Klima möglicherweise unterschätzt. Die CO2-Emissionen von Wasserkraftanlagen müssten demnach weltweit noch detaillierter analysiert werden, um ein realistischeres Bild des Einflusses der Stromquelle auf das Klima zu erhalten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2021/treibhausgas-aus-wasserkraftwerken/