Mars ist geologisch aktiver als gedacht

Rainer Kayser

Aufnahme einer Rille in einer gebirgigen Marslandschaft

ESA/DLR/FU Berlin; Lizenz: CC BY-SA 3.0 IGO

Unter der Elysium-Region auf dem Mars steigt heißes Gestein aus dem tiefen Mantel des Planeten auf. Diese als Mantel-Plume bezeichnete Zone, die auch Vulkanismus verursachen kann, hat einen Durchmesser von etwa 4000 Kilometern. Das zeigt eine Studie zweier Forscher, die nun alle verfügbaren Daten über die Elysium-Region neu analysierten. Der Mantel-Plume liefert damit eine Erklärung für die von der Marssonde InSight nachgewiesene seismische Aktivität in der Region, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“.

„Mars war hauptsächlich in den ersten 1,5 Milliarden Jahren seiner Geschichte vulkanisch und tektonisch aktiv“, erläutern Adrien Broquet und Jeffrey Andrews-Hanna von der University of Arizona. „Doch insbesondere in der Elysium Planitia gab es auch in jüngster Zeit Vulkanismus und seismische Aktivität.“ So registrierte der seit 2018 in der Elysium-Ebene stationierte Lander InSight der NASA zahlreiche seismische Erschütterungen, die von dem Grabensystem Cerberus Fossae ausgehen. Zudem deuten die Daten darauf hin, dass es noch vor 53 000 Jahren vulkanische Aktivität auf dem Planeten gab. Doch da es auf dem Mars – im Gegensatz zur Erde – keine Plattentektonik gibt, sei Vulkanismus und tektonische Aktivität auf dem abgekühlten Mars eigentlich nicht zu erwarten, so die beiden Planetenforscher.

Auf der Suche nach einer Erklärung entwickelten Broquet und Andrews-Hanna nun ein detailliertes Modell der Region. Dafür nutzten sie Daten der Oberflächenbeschaffenheit und des Höhenprofils des Planeten sowie Messungen der Schwerkraft-Anomalien von Raumsonden im Orbit. Der Vergleich des neuen Modells mit allen vorliegenden Daten deutet darauf hin, dass sich unter der Elysium Planitia ein gewaltiger Mantel-Plume befindet. Darunter verstehen Geologen eine Zone, in der heißes Gestein aus dem tieferen Mantel eines Planeten nach oben strömt. Trifft das aufsteigende Gestein auf die feste, äußere Hülle des Planeten – Lithosphäre genannt –, breitet es sich aus und der Plume erhält eine pilzförmige Form. Solche Mantel-Plumes sind auch auf der Erde bekannt und Ursache des sogenannten Hotspot-Vulkanismus, der nicht an die Grenzen kontinentaler Platten gebunden ist.

Der Kopf des Plumes unter der Elysium-Ebene habe einen Durchmesser von etwa 4000 Kilometern, so die Forscher, und sei zwischen 96 und 285 Grad Celsius wärmer als das Gestein in der Umgebung. Das Zentrum des Mantel-Plumes liege zudem exakt unter dem Grabensystem Cerberus Fossae und liefere damit eine Erklärung für den jüngsten Vulkanismus in der Region, sowie für die von InSight registrierten Marsbeben. Allerdings wirft die Entdeckung eines solchen Plumes weitere Fragen zur geologischen Entwicklung unseres Nachbarplaneten auf. Denn die derzeitigen globalen Modelle des Mars sagen lediglich die langsame Durchmischung des Mantelgesteins durch Konvektion voraus, aber nicht das Bilden von Plumes.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/sonnensystem-mars-ist-geologisch-aktiver-als-gedacht/