Infrarotstrahlung

Jörg Hollandt

Das Foto zeigt im Vordergrund eine Wärmebildkamera, die auf ein Wohnhaus im Hintergrund gerichtet ist.

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Infrarotstrahlung können wir nicht sehen, wohl aber als Wärme spüren. Ihre Anwendungen reichen von der Raumheizung über Wärmebildkameras bis hin zur Infrarot-Astronomie.

Infrarotstrahlung ist elektromagnetische Strahlung, die sich in Richtung größerer Wellenlängen an die sichtbare Strahlung anschließt und bis zu den Mikrowellen erstreckt. Sie überdeckt einen Wellenlängenbereich von 780 Nanometer bis 1 Millimeter.

Der Spektralbereich der Infrarotstrahlung (IR) wird nicht eindeutig unterteilt, die unterschiedlichen Einteilungen sind durch spezifische Anwendungen der Strahlung oder bestimmte physikalische Phänomene motiviert. Eine sehr gebräuchliche Einteilung unterscheidet zum Beispiel zwischen dem „nahen Infrarot“ (NIR) mit Wellenlängen von 780 Nanometer bis drei Mikrometer, dem „mittleren Infrarot“ (MIR) von drei Mikrometer bis 50 Mikrometer und dem „fernen Infrarot“ (FIR) von 50 Mikrometer bis 1 Millimeter. Der langwellige Teil des MIR und das FIR werden heute auch als Terahertz (THz)-Bereich bezeichnet, der sich über den Wellenlängenbereich von 30 Mikrometer bis 1 Millimeter erstreckt und damit elektromagnetische Strahlung mit Schwingungsfrequenzen von 0,3 THz bis 10 THz beschreibt. Eine weitere Einteilung, gemäß DIN 5030 Teil 2, unterteilt das NIR in ein IR-A von 780 Nanometer bis 1,4 Mikrometer und ein IR-B von 1,4 Mikrometer bis 3,0 Mikrometer. Die Grenze bei 1,4 Mikrometer liegt darin begründet, dass oberhalb dieses Werts die Absorption der Infrarotstrahlung durch Wasser deutlich zunimmt. In dieser Einteilung werden das MIR und das FIR unter der Bezeichnung IR-C zusammengefasst.

Infrarotstrahlung ist für das menschliche Auge nicht sichtbar. Der Mensch kann jedoch über seine Haut die wärmende Wirkung der Infrarotstrahlung wahrnehmen.

Entdeckung und Nachweismethoden

Schema eines Prismas, auf das ein weißer Lichtstrahl fällt. Das Prisma zerlegt das Licht in seine spektralen Bestandteile, darunter alle Farben des sichtbaren Lichts. Drei Thermometer an verschiedenen Positionen dieses Spektrums zeigen unterschiedliche Messwerte an: niedrigster Wert bei violettem Licht, mittlerer Wert bei rotem Licht am anderen Ende des sichtbaren Spektrums, höchster Wert jenseits des roten Lichts, im Bereich der Infrarotstrahlung.

Experiment von Herschel

Entdeckt wurde die Infrarotstrahlung durch den deutsch-englischen Astronomen und Musiker Friedrich Wilhelm (William) Herschel im Jahre 1800. Wie schon Isaac Newton im Jahre 1666 benutzte er zur spektralen Zerlegung des Lichts ein Glasprisma. Um die Energieverteilung der Sonnenstrahlung zu messen, positionierte Herschel hinter dem Prisma in dem in seine Spektralfarben zerlegten Licht mehrere geschwärzte Quecksilberthermometer. Zu seiner Überraschung musste er feststellen, dass der größte Temperaturanstieg nicht im sichtbaren Spektralbereich, sondern jenseits des roten Lichts zu finden war. Er hatte die Infrarotstrahlung entdeckt.

Der Fortschritt der Infrarotspektroskopie wurde durch die Entwicklung immer empfindlicherer Infrarot-Strahlungsempfänger und neuer Methoden zur spektralen Zerlegung der Infrarotstrahlung (Gitter-Spektrometer, Fourier-Transform-Spektrometer) geprägt. Zunächst kamen thermische Strahlungsempfänger zum Einsatz, bei denen der Nachweis der Infrarotstrahlung auf einer Erwärmung des Empfängers und einer damit verbunden Änderung eines elektrischen Signals beruht. Thermische Empfänger, wie Thermosäule, Bolometer und pyroelektrischer Detektor, werden auch heute noch zum Nachweis von Infrarotstrahlung vielfältig eingesetzt.

Eine modernere Gruppe von Infrarotempfängern sind die photoelektrischen Detektoren, bei denen der Nachweis durch die Absorption der Infrarotstrahlung in einem Halbleitermaterial (über den inneren lichtelektrischen Effekt) und die damit verbundene Änderung der Photoleitfähigkeit oder Photospannung erfolgt. Insbesondere gekühlte Halbleiterempfänger erreichen eine sehr hohe Empfindlichkeit und Genauigkeit und werden zum Nachweis extrem schwacher Infrarotstrahlung zum Beispiel in der Astronomie eingesetzt.

Wärmestrahlung eines schwarzen Körpers

Titelbild eines Artikels aus der Zeitschrift "Annalen der Physik". Zu sehen ist eine Messkurve, bei der die Temperatur auf der x-Achse, die Wellenlänge auf der y-Achse aufgetragen ist.

Erste quantitative Messungen von Infrarotstrahlung

Bereits um 1900 haben die Berliner Physiker Heinrich Rubens, Ferdinand Kurlbaum und Friedrich Lummer an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (PTR), dem Vorläufer der heutigen Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), mit Hilfe der von Lummer entwickelten Reststrahlenmethode und Bolometern als Strahlungsempfängernormalen die Infrarotstrahlung von Schwarzen Körpern bis zu Wellenlängen von etwa 50 Mikrometern absolut vermessen. Diese präzisen Messungen der Strahlungsemission eines schwarzen Körpers haben den ebenfalls in Berlin arbeitenden theoretischen Physiker Max Planck inspiriert, das nach ihm benannte Gesetz zur Beschreibung der Strahlungsemission von schwarzen Körpern zu formulieren (Plancksches Strahlungsgesetz) und damit die Geburtsstunde der Quantenphysik einzuleiten.

Das Planck'sche Strahlungsgesetz beschreibt die Emission von Wärmestrahlung, die jeder Körper, der eine Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunkts (0 Kelvin oder minus 273,15 Grad Celsius) besitzt, aussendet. Die von einem Körper ausgesandte Wärmestrahlung wird häufig mit Infrarotstrahlung gleichgesetzt, dies ist jedoch nicht ganz richtig, da sich das Spektrum der Wärmestrahlung über den gesamten elektromagnetischen Spektralbereich erstreckt. Die Infrarotstrahlung bildet jedoch im Allgemeinen einen sehr wesentlichen Anteil an der Wärmestrahlung eines Körpers, bei der auf die Erdoberfläche treffenden Sonnenstrahlung beispielsweise etwa 50 Prozent. Die Wellenlänge, bei der ein schwarzer Körper das Maximum seiner Wärmestrahlungsemission aufweist, wird durch das Wiensche Verschiebungsgesetz beschrieben. Bei Raumtemperatur liegt diese Wellenlänge bei etwa 10 Mikrometern und damit im infraroten Spektralbereich.

Vielfältige Anwendungen

Infrarotstrahlungsquellen zur Wärmeerzeugung sind weit verbreitet und werden beispielsweise im privaten Bereich zur Raumheizung und im industriellen Bereich in der thermischen Prozesstechnik – zum Beispiel zur Materialtrocknung und Lackhärtung – eingesetzt.

Die Tatsache, dass ein erheblicher Teil der von einem Körper ausgesandten Wärmestrahlung im infraroten Spektralbereich liegt, nutzt man zur berührungslosen Temperaturmessung mit Hilfe von Infrarot-Strahlungsthermometern. Die schnelle Fiebermessung mit Infrarot-Ohrthermometern ist eine spezielle Anwendung dieser Methode. Eine breite Anwendung finden Infrarot-Strahlungsthermometer im industriellen Bereich zur thermischen Prozessüberwachung und -steuerung.

Wird die von Objekten ausgehende Infrarotstrahlung in ein "Wärmebild" umgesetzt, spricht man von Thermografie. Thermografiegeräte finden zunehmende Anwendung in der Diagnose und Instandhaltung, z.B. bei der Identifizierung der Wärmeverluste von Gebäuden oder dem Nachweis eines defekten Bauteils in einer elektrischen Schaltung.

Zwei Aufnahmen eines Sternennebels. Auf dem Bild im sichtbaren Licht sind deutlich weniger Sterne zu erkennen als auf der Infrarotaufnahme.

Der Adlernebel im sichtbaren Licht und Infrarotbereich

Von großer Bedeutung für die Anwendung der Infrarotstrahlung ist die Tatsache, dass Infrarotstrahlung die Moleküle von vielen Verbindungen in Schwingung und Rotation versetzen kann. Dadurch zeigen diese Substanzen ein für sie charakteristisches Absorptions- und Emissionsspektrum in diesem Spektralbereich, das sich für die chemische Analyse und Konzentrationsbestimmung verwenden lässt.

Infrarotspektroskopie zur Identifikation von chemischen Verbindungen verwendet man auch in der Astronomie. Die erdgestützte Infrarot-Astronomie ist wegen der Absorption der Infrarotstrahlung durch die Erdatmosphäre auf einzelne Wellenlängenbereiche beschränkt. Die Infrarot-Astronomie nutzt aus, dass Infrarotstrahlung durch interstellaren Staub wesentlich weniger abgeschwächt wird als sichtbare Strahlung. Mit ihr können auch "kalte" Objekte im Weltraum (mit Temperaturen von einigen 100 Kelvin) beobachtet werden, die im sichtbaren Spektralbereich nicht "leuchten".

In der Elektronik und Datenübertragung wird die NIR-Strahlung unter anderem für Lichtschranken, optische Schnittstellen und Fernbedienungen benutzt. Für die optische Datenübertragung mit Glasfasern benutzt man Wellenlängen von 1,55 Mikrometer.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/licht/elektromagnetisches-spektrum/infrarotstrahlung/