„Jupiters Eismonde gelten als Kandidaten für Leben”

Dirk Eidemüller

Jupiter im Zentrum umgeben von vier seiner Monde, im Hintergrund die Raumsonde JUICE.

ESA/ATG medialab (Sonde); NASA/JPL/DLR (Jupiter, Monde)

Am 14. April 2023 startete die Raumsonde JUICE – kurz für Jupiter Icy Moons Explorer – zum Planeten Jupiter starten, wo sie im Jahr 2031 ankommen wird. Diese Mission soll Astronominnen und Astronomen neue Erkenntnisse über Jupiter und seine großen Eismonde liefern. Unter anderem wird JUICE etwa die Atmosphäre des Planeten im Detail untersuchen und überprüfen, ob es etwa auf dem Jupitermond Ganymed tatsächlich flüssiges Wasser gibt. Im Interview mit Welt der Physik spricht Christian Chlebek vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt über die Hintergründe der Mission.

Welt der Physik: Was soll mit der Mission untersucht werden?

Christian Chlebek: JUICE soll das Jupitersystem untersuchen. Dabei steht einerseits natürlich Jupiter selbst im Fokus. Von den Messungen an Jupiter versprechen sich Forscherinnen und Forscher zahlreiche Erkenntnisse – nicht nur über die Entstehung des Gasriesen, sondern auch des ganzen Sonnensystems. Andererseits wird sich JUICE den Jupitermonden widmen. Dabei sollen aber nicht alle Monde untersucht werden, sondern JUICE wird vor allem an den vier großen Eismonden vorbeifliegen, um Daten zu sammeln – insbesondere Ganymed, aber auch Europa und Kallisto.

Das Bild zeigt im oberen Bereich einen Teil des Planeten Jupiter. Darunter sind vier Monde zu sehen, die alle eine unterschiedliche Oberflächenstruktur haben.

Die Galileischen Monde

Was macht die Eismonde so interessant?

Die Eismonde gelten als mögliche Kandidaten für die Entstehung von Leben, da sie unter ihrer eiskalten Oberfläche unterirdische Ozeane aufweisen könnten. An ihrer Oberfläche ist es sehr kalt, da sie sehr viel weiter von der Sonne entfernt sind als die Erde und deshalb nur ein Bruchteil der Strahlungswärme dort ankommt. Aber im Innern sind diese Monde warm. Die Wärme stammt von den Gezeitenkräften, die der riesige Planet auf seine Trabanten ausübt. Bei jeder Umrundung werden die Monde ein Stück weit „durchgewalkt”, wobei Wärme entsteht. In der Tiefe könnte es dort also Bedingungen geben, die denen tief in irdischen Ozeanen an vulkanischen Schloten ähneln. Dort gibt es Wärme, Wasser und Mineralien und auf der Erde können unter solchen extremen Bedingungen etwa bestimmte Bakterien überleben. Es ist deshalb durchaus denkbar, dass auch in den unterirdischen Ozeanen der Eismonde Lebensformen existieren.

Wie sieht der Zeitplan der Mission aus?

Zunächst einmal muss JUICE den langen Weg zu Jupiter zurücklegen. Dazu holt die Raumsonde immer wieder Schwung, indem sie sich bei Vorbeiflügen an der Venus, der Erde und dem Mond mehrfach beschleunigen lässt. Bei diesen sogenannten Swing-by-Manövern können die Instrumente bereits erste Testmessungen durchführen. Am Jupiter wird JUICE nach etwas mehr als sieben Jahren, also im Jahr 2031, ankommen.

Was passiert, wenn die Sonde den Planeten erreicht hat?

Dann wird JUICE erst einmal in einen Jupiterorbit einschwenken. Das bietet die Gelegenheit, mehrere Monde der Reihe nach zu beobachten. Dazu gehören neben Europa und Ganymed auch Kallisto und eventuell Io. Dies sind die sogenannten „Galileischen Monde”, die vier größten Jupitermonde. Der größte von ihnen ist Ganymed. Dieser Mond ist zudem der einzige im Sonnensystem mit einem eigenen Magnetfeld. Im Jahr 2034 soll JUICE dann in einen Orbit um Ganymed einschwenken und den Eismond aus zunehmend näherer Distanz untersuchen. Dabei wird das Radar bis zu neun Kilometer tief in das Eis „hineinschauen” können. Nach einigen Monaten wird JUICE dann an der Oberfläche von Ganymed zerschellen.

Die Illustration zeigt die drei Vorbeiflüge der Raumsonde an der Erde und dem Planeten Venus, sowie die Ankunft bei Jupiter im Jahr 2031.

Reiseroute von JUICE

Wie werden diese Messungen durchgeführt?

Dafür sind insgesamt zehn Instrumente an Bord von JUICE, die in den letzten Jahren von verschiedenen internationalen Kooperationen entwickelt wurden. Dabei sind deutsche Institute an sieben Instrumenten beteiligt. Das DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin ist etwa für GALA verantwortlich, das „Ganymede Laser Altimeter”, mit dem die Topographie von Ganymed hochgenau vermessen werden soll. Und das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung ist für das Submillimeterwelleninstrument SWI verantwortlich. Mit diesem soll sowohl die äußere Atmosphäre von Jupiter als auch die sehr dünnen Atmosphären der Eismonde und die Eigenschaften ihrer Oberflächen untersucht werden.

Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Entwicklung solcher Instrumente?

Bei Missionen mit Raumsonden zu weit entfernten Zielen muss man immer ein gutes Verhältnis zwischen der optimalen Nutzlast und den verfügbaren Ressourcen finden. Beispielsweise ist die Masse beschränkt: JUICE bringt ein Gesamtgewicht von etwa sechs Tonnen auf die Waage. Davon entfällt allein über die Hälfte auf den Treibstoff. Für die zehn wissenschaftlichen Instrumente stehen somit insgesamt weniger als 300 Kilogramm zur Verfügung. Außerdem muss man bei der Entwicklung auf die verfügbare elektrische Leistung Rücksicht nehmen, denn mit den Solarpanels kann so weit von der Sonne entfernt nicht mehr allzu viel Energie gewonnen werden. Auch die Datenrate, mit der die Antenne die Messergebnisse zur Erde schicken kann, spielt eine wichtige Rolle. Und speziell bei Jupiter muss die von ihm abgegebene Strahlung berücksichtigt werden. Denn durch seine starken Magnetfelder werden hochenergetische Teilchen aus dem Sonnenwind und der kosmischen Strahlung eingefangen. Deshalb müssen die elektronischen Komponenten von JUICE gut abgeschirmt werden. Wir sind aber zuversichtlich, dass alles so funktionieren wird wie erwartet.

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/juice-jupiters-eismonde-gelten-als-kandidaten-fuer-leben/