Gleichmäßiger als gedacht

Neue Beobachtungen zeigen, dass die Materie im heutigen Universum gleichmäßiger verteilt ist als bislang angenommen.

Rainer Kayser

Teleskopkuppeln vor Sternenhimmel

Andreas Papadopoulos

Die Materie ist im Universum nicht gleichmäßig verteilt, sie ballt sich in Galaxienhaufen und lang gestreckten Strukturen, Filamente genannt, zusammen. Doch die Dichteschwankungen sind im heutigen Kosmos geringer als Astronomen bislang vermutet haben. Zu diesem Schluss kommt nun ein Forschungsteam nach der Analyse von jahrelangen Beobachtungen zweier Spezialteleskope. Die gefundene Abweichung könnte ein Hinweis darauf sein, dass im derzeitigen Modell unseres Universums etwas fehle, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Physical Review D“.

Aus der kosmischen Hintergrundstrahlung – dem Strahlungsecho des Urknalls, das noch heute aus allen Himmelsrichtungen auf die Erde trifft – können Forscher bestimmen, wie ungleichmäßig die Materie vor 13,8 Milliarden Jahren im jungen Kosmos verteilt war. Diese Dichteschwankungen lassen sich dann mithilfe von Computersimulationen bis in die heutige Zeit hinein verfolgen und mit Beobachtungen von Galaxienhaufen und anderen großen Strukturen vergleichen. Zwar stimmte die Analyse auf Basis der Hintergrundstrahlung bisher recht gut mit den Beobachtungen überein. Allerdings lieferten die Beobachtungen bislang weniger genaue Ergebnisse als die gemessene Hintergrundstrahlung.

Daher haben Eric Baxter, zum Zeitpunkt der Forschung von der University of Chicago, und seine Kollegen die Dichteschwankungen im heutigen Kosmos nun mithilfe von zwei Spezialteleskopen noch deutlich genauer vermessen. Mit dem Dark Energy Survey in Chile und dem South Pole Telescope in der Antarktis beobachteten sie nicht direkt, wie Galaxien am Himmel verteilt sind, sondern nutzten stattdessen den Gravitationslinseneffekt: Denn die Schwerkraft dichter Regionen, also etwa eines Galaxienhaufens, lenkt das Licht weiter entfernter Galaxien und auch die Hintergrundstrahlung ab. Der Galaxienhaufen wirkt dadurch wie eine verzerrende Linse. Und aus den Verzerrungen können die Astronomen dann die Verteilung der Materie in der „Gravitationslinse“ bestimmen. Der Vorteil der Methode: Sie erfasst nicht nur die sichtbare Materie in den Galaxien, sondern auch die unsichtbare Dunkle Materie.

Während Baxter und seine Kollegen mit dem Dark Energy Survey untersuchten, wie stark der Weg des Lichts von Galaxien durch den Gravitationslinseneffekt verändert wird, bestimmten die Forscher mit dem South Pole Telescope, wie stark die Hintergrundstrahlung verzerrt wird. Beide Teleskope lieferten so die bislang genauesten Daten über die Verteilung der Materie im gegenwärtigen Kosmos – und zeigten unabhängig voneinander: Die Dichteschwankungen sind etwas geringer als bislang erwartet. Eine solche Abweichung könnte auf einen Fehler im kosmologischen Standardmodell hindeuten, dem gängigen Modell, mit dem Forscher die Entwicklung unseres Universums beschreiben. Allerdings müsse das Ergebnis zunächst durch weitere, unabhängige Beobachtungen bestätigt werden, so das Forscherteam vorsichtig.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/kosmologie-gleichmaessiger-als-gedacht/