Kohlenstoffhaltiger Staub im jungen Kosmos

Rainer Kayser und Redaktion

Heller Stern umgeben von leuchtenden Wolken vor Sternenhimmel

Hubble Legacy Archive, NASA, ESA; Processing & License: Judy Schmidt

Bereits 800 Millionen Jahre nach dem Urknall gab es in jungen Galaxien Staub, der große Mengen an Kohlenstoff enthielt. Das zeigen Beobachtungen mit dem James-Webb-Teleskop, die jetzt von einem Forschungsteam veröffentlicht wurden. Kohlenstoffhaltiger Staub ist ein wichtiger Baustein für die Entstehung von Gesteinsplaneten wie der Erde. Bislang dachten Astronominnen und Astronomen, diese Art von Staub sei frühestens zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall aufgetreten. Es müsse also einen bislang übersehenen, schnellen Weg zur Erzeugung von kohlenstoffhaltigem Staub geben, schreiben die Forschenden im Fachblatt „Nature“.

Kohlenstoffhaltiger Staub verrät sich im Licht von Galaxien dadurch, dass er ultraviolette Strahlung in einem breiten Bereich von Wellenlängen absorbiert. Diese „UV-Delle“ entsteht durch winzige, nur wenige Nanometer – also millionstel Millimeter – kleine Staubkörnchen, die reich an kohlenstoffhaltigen Molekülen sind. Ein Hauptbestandteil sind polyzyklische Kohlenwasserstoffe, die aus mehreren Ringen von Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen bestehen.

Für die Astronomie sind diese winzigen Staubkörnchen von großer Bedeutung. Denn sie sind der erste Schritt zur Entstehung von Gesteinsplaneten: Die Staubkörnchen verbinden sich zu größeren Körnern, verdichten sich zu Gestein und diese Gesteinsbrocken formen über Zusammenstöße immer größere Himmelskörper und schließlich Planeten. Bislang glaubten Forschende, dass dieser Prozess erst später in der Geschichte des Kosmos stattfinden konnte.

Denn als Hauptquelle von kohlenstoffhaltigem Staub galten bislang Rote Riesen – Sterne ähnlich unserer Sonne, die sich am Ende ihrer Entwicklung aufgebläht haben, bevor sie schließlich zu einem Weißen Zwerg zusammenschrumpfen. In der vergleichsweise kühlen Atmosphäre solcher Roter Riesen könnten sich komplexe Kohlenstoffmoleküle bilden und zu Staubkörnchen verbinden, ohne durch die Strahlung des Sterns sofort wieder zerstört zu werden. Doch bis sonnenähnliche Sterne zu Roten Riesen werden, dauert es mehrere Milliarden Jahre – 800 Millionen Jahre nach dem Urknall gab es nicht genug alte Sterne, um kohlenstoffhaltigen Staub zu erklären.

Trotzdem haben Joris Witstok von der University of Cambridge in Großbritannien und sein Team in der Galaxie JADES-GS-z6-0 genau diesen Staub nachgewiesen. Sie ist so weit entfernt, dass ihr Licht 13 Milliarden Jahre zur Erde benötigt. Wir sehen sie daher so, wie sie vor 13 Milliarden Jahren aussah – der Urknall ist 13,8 Milliarden Jahre her. Insgesamt hatten die Forschenden im Oktober 2022 mit dem James-Web-Teleskop 253 ferne Galaxien mit Belichtungszeiten von jeweils 9 bis 28 Stunden beobachtet. Von ihnen erwiesen sich 49 als so weit entfernt, dass die Forschenden sie weniger als 1,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall sahen. Bei zehn dieser jungen Galaxien konnte das Team eindeutig die „UV-Delle“ nachweisen – und damit kohlenstoffhaltigen Staub.

Schon 800 Millionen Jahre nach dem Urknall gab es also die ersten, wichtigen Bausteine für die Entstehung erdähnlicher Planeten. Woher aber kam der Staub? Auf diese Frage haben Witstok und sein Team noch keine Antwort – hier sind weitere theoretische Arbeiten nötig. Als mögliche Quelle betrachten sie massereiche Sterne in Doppelsternsystemen, die als Supernova explodierten und dabei womöglich viel Kohlenstoff freigesetzt haben könnten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/jwst-kohlenstoffhaltiger-staub-im-jungen-kosmos/