Leben auf dem jungen Mars

Rainer Kayser

Luftaufnahme der Oberfläche des Mars, auf der eine Senke abgebildet ist

ESA/DLR/FU-Berlin

Bis vor 3,7 Milliarden Jahren herrschten auf dem Mars noch völlig andere Bedingungen als heute: Das Klima war deutlich wärmer und damit geeigneter für mikrobielles Leben. Ein Forscherteam hat jetzt genau untersucht, ob und wie sich Mikroben unter den damaligen Bedingungen entwickeln konnten. Mit einem neuartigen Modell fanden sie heraus, dass auf dem Mars – ähnlich wie auf der Erde – vor allem Bakterien gelebt haben könnten, die sich von Wasserstoff ernährten und Methan produzierten. Doch während sich das Klima auf der Erde durch den Stoffwechsel der Bakterien stabilisierte, kühlte das produzierte Methan den Roten Planeten um etwa 40 Grad Celsius ab. Damit verschlechterten sich die Lebensbedingungen für die Bakterien drastisch, wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“ berichten.

Bakterien, die Wasserstoff verbrauchen und dabei Methan produzieren, gehörten zu den ersten Lebensformen auf der Erde. Während die irdischen Bakterien vor allem in den Ozeanen aktiv waren, fanden sie auf dem Mars auch in der porösen Planetenkruste einen idealen Lebensraum. „Dort waren sie vor ultravioletter und kosmischer Strahlung geschützt“, erläutern Boris Sauterey von der University of Arizona und seine Kollegen, „und das dort vorhandene Wasser lieferte ihnen den Wasserstoff für ihren Stoffwechsel.“

Die Wissenschaftler entwickelten ein klimatisches Modell, das zudem den biologischen Einfluss durch den Stoffwechsel der Bakterien miteinbezieht. So konnten sie erstmals die Auswirkungen der Bakterien auf deren Lebensraum untersuchen. Dabei fanden sie heraus, dass die Bakterien auf dem Mars eine ähnlich große Biomasse produziert haben könnten wie ihre Artgenossen in den irdischen Ozeanen. Allerdings mit ganz unterschiedlichen Konsequenzen: Während das erzeugte Methan auf der Erde die Temperatur der Atmosphäre stabilisierte, kühlte es die Atmosphäre auf dem Mars um etwa 33 bis 45 Grad Celsius ab. Dadurch konnten sich die Mikroorganismen auf dem Roten Planeten nicht an der Oberfläche ausbreiten, sondern mussten in immer tiefere und wärmere Gesteinsschichten hinunter wandern.

Die unterschiedliche Reaktion des planetarischen Klimas auf die Bakterien erkläre sich, so die Forscher, aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der Atmosphären der beiden jungen Planeten. Denn die Atmosphäre auf dem Mars besteht vor allem aus Kohlendioxid. In einer solchen Umgebung erzeugt Wasserstoff einen stärkeren Treibhauseffekt und erwärmt den Planeten damit stärker als Methan. Durch den Stoffwechsel der Bakterien verringerte sich jedoch der Anteil von Wasserstoff und der Anteil von Methan stieg – woraufhin sich der Mars abkühlte.

In der Atmosphäre der Erde dominierte hingegen schon damals Stickstoff. Dadurch sei der Effekt genau entgegengesetzt. Dieser Unterschied zeige, so betonen die Forscher, wie wichtig klimatische Rückkopplungen für die Entwicklung von Leben auf einem Planeten sind – und dass sie in beide Richtungen wirken können. „Rückkopplungen zwischen Leben und Umwelt können die Bewohnbarkeit von ganzen Planeten gefährden“, so die Wissenschaftler.

Der Abkühlungseffekt könnte auf dem Mars sogar noch stärker gewesen sein, da das Modell bislang eine mögliche Vereisung der Marsoberfläche nicht berücksichtige. Hierzu seien verbesserte klimatische Modelle für den Roten Planeten nötig, so Sauterey und seine Kollegen. Die Forscher liefern aber auch Hinweise, wo sich auf dem Mars möglicherweise noch Spuren der frühen Bakterien im Boden finden lassen: In den Tiefebenen Hellas und Isidis, sowie im Krater Jezero. Denn diese Regionen sind wahrscheinlich weniger stark abgekühlt und frei von Eis auf der Oberfläche geblieben.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/sonnensystem-leben-auf-dem-jungen-mars/