Miniaturroboter mit faltbaren Flügeln

Jan Oliver Löfken

Eckige, verdrahtete Apparatur mit zwei gelben, sich bewegenden Flügeln an der Seite

H. Vu Phan

Der Japanische Nashornkäfer verfügt über einen besonderen Schutz vor Zusammenstößen. Kollidiert er im Flug etwa mit anderen Käfern oder Ästen, falten sich seine filigranen Flügel etwas zusammen. Dadurch fängt er die Wucht des Aufpralls effizient ab. Dieses Prinzip übertrugen Forscher nun auf einen kleinen Flugroboter. Dieser konnte so nach einer Kollision ohne jeden Schaden weiterfliegen, wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten.

Ein Käfer sitzt auf einem Blatt.

Japanischer Nashornkäfer

Für ihre Studie beobachteten Hoang Vu Phan und Hoon Cheol Park von der Konkuk Universität in Seoul zunächst das Flugverhalten von acht Käfern der Art Allomyrina dichotoma im Detail. Vor dem Abflug breiteten die bis zu acht Zentimeter langen Insekten ihre harten Deckflügel aus. Danach entfalteten sich die darunterliegenden hauchdünnen Flügel innerhalb von zwei Flügelschlägen. Das Entfalten geschah – dank des Luftstroms beim Fliegen – entlang von natürlichen Faltkanten völlig von selbst.

Während ihrer Flüge im Labor stießen die Käfer mit einer Geschwindigkeit von gut zwei Kilometern pro Stunde gegen dünne Stäbe eines Hindernisparcours. Die Forscher beobachteten, dass die Käfer nach Stößen an der Flügelmitte ihren Flug mit Bewegungen der Beine und des jeweils anderen Flügels stabilisierten. Stießen sie jedoch mit der Flügelspitze an ein Hindernis, faltete sich der Flügel etwas zusammen. Nur vier Millisekunden später war er wieder entfaltet und ließ die Käfer nahezu ohne Trudeln weiterfliegen.

Dieses Konzept eines natürlichen Stoßdämpfers übertrugen Phan und Park auf einen 18 Gramm leichten Flugroboter mit zwei auf und ab schlagenden Flügeln. Als Ersatz für die Faltkanten nutzten sie feine Drähte aus einer extrem elastischen Nickel-Titan-Legierung. Stieß die Roboterfliege nun beim Flug mit einer Flügelspitze gegen ein Hindernis, faltete sich der Flügel entlang dieser Drähte etwas zusammen. Dadurch ließ sich die Wucht der Kollision um bis zu zwei Drittel abdämpfen. Nach der Kollision wurde die im elastischen Draht gespeicherte Verformungsenergie wieder frei und ließ den Flügel sich in kürzester Zeit entfalten.

Der faltbare Flügel ist ein effektiver Ansatz, um Kollisionen abzudämpfen und die Einsatzdauer des Miniaturroboters zu erhöhen. Zwar sind flexibel faltbare Flügel weniger leistungsfähig als starre Flügel. Doch dieser Nachteil wird nach Meinung der beiden Forscher aufgewogen, da das Schadensrisiko geringer ist und die Roboterfliege nach kurzem Trudeln ihren Flug stabil fortsetzen kann.

H. Vu Phan

Eine Roboterfliege mit faltbaren Flügeln kann der Kollision mit einem Hindernis gut standhalten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2020/miniaturroboter-mit-faltbaren-fluegeln/