Sensoren aus der Sprühdose

Jan Oliver Löfken

Eine Sprühdose sprüht Flüssigkeit in Richtung einer Lampe

Volodymyr B. Koman et al./MIT

Schwärme winziger Sensoren könnten in Zukunft durch Luft, durch Wasser oder sogar durch den Menschen strömen und dort beispielsweise chemische Substanzen aufspüren. Auf dem Weg zu diesem „intelligenten Staub” gelang Volodymar Koman vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und seinen Kollegen nun ein wichtiger Schritt. Sie bauten winzige Sensorchips, die zuverlässig Rußpartikel sowie einzelne chemische Substanzen in der Luft nachweisen können. Das Messergebnis ließ sich sogar elektronisch speichern, erläutern die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology”.

Für die rund hundert Mikrometer großen Chips deponierte das Team extrem dünne Schichten aus Molybdändisulfid, Wolframdieselenid, Silber und Gold auf eine flexible Kunststoffunterlage. Nach mehreren Arbeitsschritten mit lithografischen Verfahren entstanden elektronische Module mit einem Sensor, einer Photodiode als Stromquelle und einem Memristor – einem elektronischen Bauteil, das als digitale Speichereinheit dient. Nach der Produktion verteilten Koman und seine Kollegen die Module gleichmäßig in einer Flüssigkeit und sprühten sie mit einem Zerstäuber in einen gläsernen Zylinder. „Dank der zweidimensionalen Materialien blieben unsere Module beim Versprühen stabil und funktionierten auch mit sehr geringen elektrischen Spannungen”, erläutert Koman.

Grafik der Sensoren: Eine hellblaues Bauteil ist überzogen von zwei Molekülschichten, dargestellt als bunte Kugeln; außerdem befinden sich graue Bänder darauf.

Aufbau der winzigen Sensormodule

In ihren Experimenten injizierten die Forscher senkrecht zur Flugrichtung der Module wahlweise Rußpartikel oder wässrige Tröpfchen mit Ammoniak oder dem Lösungsmittel Triethylamin. Trafen diese Substanzen auf eines der Module, dockten einzelne Partikel an die Sensoreinheit an und veränderten die elektronischen Eigenschaften des Memristors. Am hinteren Ende des Glaszylinders blieben die Module schließlich auf einer Kollektorfläche haften.

Zum Auslesen der gesammelten Informationen tastete das Team die Kollektorfläche mit einem Laserstrahl ab. Die Photodiode auf jedem Modul erzeugte dabei einen winzigen Stromfluss. Dieser reichte aus, um den im Modul integrierten Memristor zu einem digitalen Schaltprozess anzuregen. War nun während des Flugs ein Ruß- oder Ammoniakteilchen eingefangen worden, schaltete der Memristor in einen Zustand mit geringem elektrischen Widerstand. Ohne eingefangenes Teilchen blieb der Widerstand jedoch unverändert groß. Genau dieser Unterschied ließ sich während des Abtastens mit dem Laser messen. Alle Messdaten zusammen ergaben einen genauen Wert für die Ruß- oder Ammoniakkonzentration im Zylinder.

Dieses Experiment belegt, dass sich fein versprühte Module prinzipiell als elektronische Sensoren für chemische Substanzen eignen. Einsetzen ließen sich diese Chips aus der Sprühdose etwa für Schadstoffmessungen in der Luft oder in Gaspipelines. Eine Tages könnte der „intelligente Staub” vielleicht auch eingeatmet oder in Blutbahnen injiziert werden – und so eine schnelle Diagnose von Krankheiten ermöglichen. Dazu müssten die Module allerdings noch deutlich schrumpfen. Zudem ist es notwendig, eine gute Verträglichkeit für den Patienten – ohne nennenswerte Nebenwirkungen – zu belegen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2018/sensoren-aus-der-spruehdose/