Mit Smartphones vor Erdbeben warnen

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Wenn die Erde bebt, können schon wenige Sekunden Vorwarnzeit helfen, um Leben zu retten. Hierfür liefern in gefährdeten Regionen wie in Kalifornien in den USA oder in Japan staatliche Netzwerke aus Sensoren – besonders empfindliche Geophone – schnell und zuverlässig Daten über die gefährlichen Erschütterungen. Doch in Südostasien, zwischen Thailand, Myanmar, Indonesien und den Philippinen, sind diese Sensornetzwerke nur spärlich ausgebaut. Hier können einfache Smartphones helfen. Vor einigen Jahren wurde ein Warnsystem entwickelt, das Beschleunigungssensoren in Mobiltelefonen nutzt. In der Fachzeitschrift „Science“ berichten Forschende nun, dass die Daten trotz relativ unempfindlicher Sensoren ausreichen, um zuverlässig vor Beben zu warnen.
Im Jahr 2021 ging das Vorwarnsystem „Android Earthquake Alerts (AEA)“ in Betrieb. Seitdem haben es mehr als fünf Millionen Menschen in mittlerweile 98 Staaten auf ihren Smartphones mit dem Betriebssystem Android installiert. Die App liefert einerseits Bewegungsdaten, um Erdbeben nachzuweisen – andererseits empfängt sie wenige Sekunden bis zu einer Minute vor einem schwerem Beben ein Warnsignal. Grundlage für die Warnung ist, dass sich die starken Primärwellen zu Beginn eines Bebens schneller als die folgenden, schwächeren Sekundärwellen durch den Erdkörper ausbreiten. Die Zeit zwischen diesen Wellen reicht gerade aus, um sich zu ducken oder unter einem Tisch Schutz vor herabfallenden Gegenständen zu suchen.
Tausende Beben detektiert
Nun analysierten Richard M. Allen von Google und dem Seismological Laboratory der University of California und sein Team das System: In den ersten drei Betriebsjahren zwischen dem 1. April 2021 und dem 31. März 2024 hat es monatlich im Schnitt 312 Beben mit Magnituden zwischen 1,9 und 7,8 identifiziert. Bei stärkeren Beben ab einer Magnitude von 4,5 hat es Warnungen ausgesendet – insgesamt für 1279 Beben. Dabei war das System sehr zuverlässig: Denn nur dreimal wurde ein Fehlalarm ausgelöst, verursacht durch falsch interpretierte Bewegungsdaten etwa während eines Wirbelsturms. Die stärksten nachgewiesenen Erdbeben ereigneten sich am 6. Februar 2023 in der Türkei. Sowohl das Pazarcik-Beben mit einer Magnitude von 7,8 als auch das Elbistan-Beben mit Magnitude 7,5 konnte AEA erkennen und binnen weniger Sekunden bis zu einer Minute die entsprechenden Warnsignale senden.
Auch weiterhin wollen die Forschenden den Algorithmus des Systems optimieren, mit dem es die Daten der Smartphones auswertet. So wollen sie sowohl Fehlalarme vermeiden als auch die Epizentren der Beben genauer lokalisieren. Doch schon heute ist die Akzeptanz sehr hoch. So zeigt eine Befragung, dass etwa 85 Prozent der Nutzenden das System für sehr hilfreich halten. 84 Prozent wollen seine Warnungen ernster nehmen – wahrscheinlich also, dass in Zukunft noch mehr Menschen das Nachweis- und Vorwarnsystem installieren werden.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2025/vorwarnsystem-mit-smartphones-vor-erdbeben-warnen/