Minikraftwerk aus salzigem Eis

Verbiegt man salzige Eisproben, entsteht ein schwacher Strom, mit dem sich in Zukunft möglicherweise kleine Sensoren betreiben lassen.

Jan Oliver Löfken

Ein nahezu transparenter Eisblock

stsmhn/iStock

Viele Materialien erzeugen Strom, wenn sie verbogen werden – man spricht von Flexoelektrizität. Die Menge an Strom ist allerdings sehr gering und kann bisher nicht technisch genutzt werden. Doch ein Forschungsteam fand nun einen Weg hin zu einem Minikraftwerk aus salzigem Eis. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Materials“ berichten, ist der flexoelektrische Effekt bei salzigem Eis um etwa das Tausendfache stärker als bei salzfreiem Eis. Die Experimente könnten in der Zukunft zu autarken Stromquellen führen, um beispielsweise Sensoren in den vereisten Polregionen mit Energie zu versorgen.

Dass in salzigem Eis ein schwacher Stromfluss entsteht, wenn das Eis verbogen wird, lässt sich auf die Bewegung von Ionen zurückführen: Rund um ein kleines Stückchen Eis bildet sich eine leicht aufgetaute Schicht aus Salzwasser. Wird das Eis nun wiederholt verbogen, wird die flüssige Schicht, und damit die darin enthaltenen Ionen, in Bewegung versetzt. Diese Bewegung der elektrisch geladenen Ionen verursacht einen winzigen Stromfluss.

Wie stark dieser Stromfluss werden kann, untersuchte das Team um Gustau Catalán von der Autonomen Universität Barcelona nun mit zahlreichen kleinen Eisproben. Dabei fügten sie den Proben unterschiedlich viel Kochsalz hinzu und steigerten den Salzgehalt auf bis zu 25 Gewichtsprozent. Bei tiefen Temperaturen zwischen minus 22 und minus 100 Grad Celsius setzten sie wenige Zentimeter kleine Eisproben – mal verformt zu einem konischen Kegel, mal zu einem gebogenen Stäbchen – zwischen zwei Druckstempel. Mit diesen verbogen sie die Proben wiederholt 30 bis 60 Mal pro Minute.

Je mehr Salz, desto stärker der Strom

Währenddessen maßen die Forschenden, wie stark sich die elektrischen Ladungen in den Proben verschieben. Je mehr Kochsalz im Eis enthalten war, desto stärker war der flexoelektrische Effekt. Die Eisproben zeigten elektrische Leistungsdichten von rund einem Zehntel Mikrowatt pro Kubikmeter Eis und pro einer Biegekraft von einem Newton. Für Leuchtdioden oder gar Elektromotoren sind diese Werte zwar viel zu klein. Doch für den Betrieb kleiner Sensoren könnten sie theoretisch ausreichen.

Auf der Basis dieser Laborergebnisse ließen sich nun möglicherweise Minikraftwerke aus salzigen Eisstäbchen entwickeln. Wind oder auch Wellenschlag könnten die zum rhythmischen Verbiegen nötigen Kräfte liefern. Gelingt die Fertigung von Prototypen, locken sehr günstige und zugleich autarke Stromquellen, um Sensoren in abgelegenen Eisregionen der Erde – in Zukunft vielleicht sogar auf fernen Planeten – zu betreiben.

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2025/energiegewinnung-minikraftwerk-aus-salzigem-eis/