Winziges Magnetpendel als Trackingsensor

Jan Oliver Löfken

Eine Biene mit einem knopfartigem Gerät auf dem Rücken

B. Gleich, I. Schmale, T. Nielsen, and J. Rahmer, Philips Research Hamburg, Germany

Moderne chirurgische Operationen sind Präzisionsarbeit. Wer mit filigranen Sonden in den menschlichen Körper vordringt, muss immer genau wissen, wo sich die Sondenspitze gerade befindet. Deshalb gibt es auch schon viele Methoden, die dabei helfen – vom kleinen Funkmodul bis zur optischen Faser. Nun hat ein Forschungsteam ein winziges Modul entwickelt, mit dem sich die Sondenspitzen deutlich besser lokalisieren lassen – kostengünstig und komplett drahtlos. Wie das Team in der Fachzeitschrift „Science“ berichtet, hat der Positionssensor gerade einmal die Größe eines Stecknadelkopfes und taugt zum Messen von Druck und Temperatur.

Herzstück des Sensors, den Jürgen Rahmer und sein Team vom Philips Forschungslabor in Hamburg gefertigt haben, ist ein magnetisches Pendel, ein sogenannter magnetomechanischer Resonator. In einem knapp zwei Millimeter hohen und einen Millimeter breiten Zylinder befinden sich zwei kugelförmige Magnete aus einer Neodym-Eisen-Bor-Legierung. Die eine Kugel ist am Boden des Zylinders befestigt, die andere schwebt – aufgehängt an einem dünnen Draht – darüber. Die beiden Magnetkugeln sind so ausgerichtet, dass die entgegengesetzten Magnetpole zueinander zeigen – und sich anziehen. Das stabilisiert die Lage der schwebenden Kugel.

Nun versetzten die Forschenden die schwebende Kugel in Drehung. Dazu schickten sie Strompulse durch ein Areal aus 16 kleinen Spulen, die in einigem Abstand zum Zylinder standen. Durch deren elektromagnetische Induktion – also das Magnetfeld, das durch die Strompulse entsteht – begann die Kugel, sich zu drehen. Je nach Ausrichtung und Position des Zylinders drehte sich die Magnetkugel mal schneller, mal langsamer – und das induzierte wiederum neue Spannungspulse in den Spulen. Indem sie diese Spannungen maßen, bestimmten die Forschenden, wie sich die Rotationsbewegung veränderte. Das erlaubte ihnen eine millimetergenaue Lokalisierung des Moduls – kontaktlos aus bis zu 25 Zentimetern Entfernung.

Wie genau und schnell sich der Sensor orten lässt, demonstrierten Rahmer und sein Team auf besonderem Weg: Sie setzten ihr magnetisches Pendel auf den Rücken einer Biene. Diese konnte sich in einem kleinen Kasten frei bewegen. An der Außenseite des Kastens war ein Spulenareal angebracht, das die Flugbahn der Biene zuverlässig verfolgte. Auch in einem praxisnäheren Versuchsaufbau überzeugte der Sensor: Die Forschenden führten eine Operationssonde – ausgestattet mit ihrem Magnetpendel – in eine Gelatinemasse, die als Modell für einen menschlichen Körper diente. Wieder konnten sie die Sondenspitze schnell, genau und zuverlässig orten.

Doch nicht nur Ausrichtung und Position des Magnetpendels lassen sich mit dieser Methode kontaktlos aus der Ferne bestimmen: Es eignet sich zusätzlich als Druck- und Temperatursensor. Denn die Größe des Pendelzylinders variiert minimal bei Änderungen dieser Einflüsse – und auch das wirkt sich auf die Drehung der Magnetkugel aus.

Rahmer und sein Team versuchen nun, die Empfindlichkeit des Magnetpendels weiter zu steigern: etwa, indem sie den Messraum gegen störende elektromagnetische Felder abschirmen oder die nutzbaren Signale genauer vom Hintergrundrauschen trennen. Bewährt sich das Magnetpendel auch in weiteren Versuchsreihen, könnte es schon bald als kostengünstiger Sensor in der Medizintechnik und anderen Anwendungen zum Einsatz kommen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2023/sensoren-winziges-magnetpendel-als-trackingsensor/