Physik der Wasserbombe

Jan Oliver Löfken

Mehrere mit Wasser gefüllte Luftballons; einige, die auf den Boden prallen, flachen stark ab

E. Jambon-Puillet/P.-T. Brun/Princeton University

Prall gefüllte Wasserballons platzen beim Aufprall am besten. Wer jemals mit Wasserbomben gespielt hat, kennt diesen Zusammenhang. Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera hielten Pierre-Thomas Brun und seine Kollegen von der Princeton University in den USA nun im Detail fest, wie sich die elastische Hülle eines Ballons beim Aufprall verformt. Auf der Basis dieser Experimente entwickelten die Wissenschaftler dann ein theoretisches Modell für die Stabilitätsgrenze von Wasserballons. Mögliche Anwendungen reichen von Schutzmaßnahmen für menschliche Organe bei Autounfällen bis hin zu berstenden Wassersäcken zum Löschen von Waldbränden, so das Team in der Fachzeitschrift „Nature Physics“.

Die Forscher um Brun füllten handelsübliche Wasserballone sowie unterschiedlich elastische Hüllen aus Silikonkunststoffen mit Flüssigkeiten – von dünnflüssigem Wasser über Glycerin und Silikonöl bis hin zu zähflüssigem Honig. Anschließend ließ das Team die Ballone aus verschiedenen Höhen kontrolliert auf eine glatte Fläche fallen. Obwohl die erreichten Endgeschwindigkeiten von wenigen bis hin zu knapp vierzig Metern pro Sekunde variierten, verhielten sich alle getesteten Varianten beim Aufprall ähnlich: Innerhalb weniger Millisekunden flachten die ursprünglich kugelförmigen Ballone ab – je flüssiger der Inhalt, desto flacher der Ballon. Dann drängte die Flüssigkeit am Boden nach außen und bildete so einen kleinen Wall.

Blieb die Hülle stabil, strömte die Flüssigkeit wieder in die Mitte des Ballons zurück. Infolgedessen zog sich der Ballon zusammen und hob sich in einer schwingenden Bewegung vom Untergrund ab. Je zähflüssiger der Inhalt und je fester die Hülle, desto weniger und langsamer vollzogen sich diese Verformungen. Besonders interessierten sich Brun und seine Kollegen aber für die zerplatzenden Ballone. Neben dem erwarteten Ergebnis – je fester die elastische Hülle, desto größere Aufprallgeschwindigkeiten überstehen die Ballone – stießen die Forscher auch auf einen weiteren Effekt: Füllten sie nur so viel Flüssigkeit in einen Ballon ein, wie in die ungedehnte Hülle passte, blieb der Ballon selbst bei hohem Aufpralltempo stabil. Um auf dem Boden zu zerplatzen, muss die Hülle also vorher gedehnt worden sein, so das Fazit.

Den genauen Zusammenhang hielten die Forscher mithilfe von mathematischen Formeln fest. „Mit unserem Modell können wir nun vorhersagen, wie prall eine elastische Hülle gefüllt sein muss, um bei einer vorgegebenen Aufprallgeschwindigkeit zu zerplatzen“, sagt Brun. Mit diesen Erkenntnissen ließe sich beispielsweise der Einsatz von großen, mit Wasser gefüllten Ballonen beim Bekämpfen von Waldbränden optimieren. Da Organe wie Leber oder Niere physikalisch einer mit Flüssigkeit gefüllten, elastischen Hülle ähneln, kann das neue Modell auch hier die Grenzen der Stabilität aufzeigen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2020/physik-der-wasserbombe/