3D-Strukturen auf Knopfdruck

Jan Oliver Löfken

Runde, mit Rillen versehene Gummischeibe, die sich in mehreren Schritten – angedeutet durch mehrere Bilder – in eine Maske verwandelt

E. Siéfert et al./Université Pierre et Marie Curie/Sorbonne Université

Blätter und Blüten können ihre Form verändern, indem sie Zellwände in ihrem Inneren vergrößern beziehungsweise verkleinern. Nach diesem Vorbild entwickelten Emmanuel Siéfert von der Universität Pierre und Marie Curie in Paris und seine Kollegen nun flexible Kunststoffmodule, die sich auf Knopfdruck zu verschiedenen dreidimensionalen Strukturen verformen lassen. Solche Materialien könnten beispielsweise in der Medizintechnik oder in der Robotik zum Einsatz kommen, so die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Materials“.

Mit einem 3D-Drucker stellten Siéfert und sein Team zunächst flache Scheiben aus einem Silikongummi her. Bei diesem Prozess integrierten die Forscher winzige Kanäle in das Material, in der Form von mehrfach gewundenen Schleifen. Sobald sie nun Luft in diese Hohlräume pumpten, wölbte sich das zuvor flache Kunststoffstück und formte dreidimensionale Objekte ähnlich einem Kelch, einem Sattel oder einem Zylinder. Beim Absaugen der Luft schrumpften die Mikrokanäle wieder in sich zusammen – und der flexible Kunststoff nahm wieder seine ursprüngliche Form an. Dieser Prozess ließ sich mühelos bis zu zehnmal pro Sekunde durchführen.

Die Grafik zeigt, wie sich eine gerillte Gummischeibe in mehreren Schritten zu einem Kegel verformt.

Verformbarer Kunststoff

Die Form im aufgeblasenen Zustand hing in den Experimenten stark vom Verlauf der Mikrokanäle ab. Daher entwickelten die Forscher um Siéfert ein Computerprogramm, mit dem sich die Anordnung der Kanäle im Vorfeld exakt planen ließ. Ein komplexeres Modell bildete beim Aufblasen beispielsweise die Struktur eines Gesichts heraus, ähnlich einer Maske. Auch asymmetrische Formen und ineinander verdrehte Strukturen konnte das Team in ersten Versuchen realisieren. Mit mehreren aufblasbaren Mikrokanälen wollen die Wissenschaftler die Strukturvielfalt in Zukunft noch weiter erhöhen. Anwendungen dieser pneumatisch steuerbaren Kunststoffe sehen Siéfert und seine Kollegen etwa für verformbare Implantate in der Medizintechnik und für die weitere Entwicklung von Robotern aus weichen Kunststoffen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2018/3d-strukturen-auf-knopfdruck/