Elektrische Aufladung macht Espresso schwächer

Jan Oliver Löfken

Kaffeebohnen in einer Tasse mit Wassertropfen benetzt

University of Oregon

Guter Kaffee ist eine Kunst für sich – das beginnt bereits beim Mahlen. Dabei lädt sich das Pulver elektrostatisch auf. Auch wenn dieser Effekt nur klein ist, wirkt er sich negativ auf das Aroma aus und lässt Espressomaschinen verschmutzen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam, das die Aufladung beim Mahlen von Espressobohnen untersucht hat. Dabei entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch einen kleinen Trick: Wie sie in der Fachzeitschrift „Matter“ berichten, verringert bereits etwas Feuchtigkeit die elektrostatische Aufladung – und lässt den Espresso intensiver schmecken.

Für diese Analysen baute Christopher Hendon von der University of Oregon mit seinem Team ein einfaches, aber effektives Messgerät: Unter eine Kaffeemühle positionierten sie einen Metallbecher und schlossen daran ein Elektrometer an, das selbst geringe elektrische Ladungen detektierte. Anschließend mahlten sie Kaffeebohnen in der Mühle. Immer wenn dabei Kaffeebohnen zerbrachen oder wenn die Körnchen aneinander rieben, lud sich das Pulver elektrostatisch auf. Pro Gramm Kaffee ließen sich dann elektrische Ladungen von bis zu 100 Nanocoulomb messen. Das ist ein Bruchteil der elektrostatischen Aufladung, mit der Haare von einem Ballon angezogen werden, den man vorher an einem Wollpullover gerieben hat.

Doch auch wenn diese elektrostatische Aufladung gering ist, wirkt sie sich aus. Denn das aufgeladene Kaffeepulver haftet leichter an Plastikteilen – etwa in Kaffeevollautomaten. Dadurch verschmutzt die Maschine schneller und muss öfter gereinigt werden. Bei Espressomaschinen mit metallischen Bauteilen ist dieser Effekt geringer, da das Metall die Ladungen besser ableitet. Ein anderer Effekt tritt jedoch in allen Maschinen auf: Aufgeladenes Kaffeepulver neigt durch die gegenseitige Anziehung der Körnchen dazu zu verklumpen. Dadurch lässt es sich etwas schlechter mit heißem Wasser benetzen, sodass weniger Aromastoffe in den Espresso gelangen.

Feuchtigkeit beeinflusst die Aufladung – und den Geschmack

In einer weiteren Versuchsreihe untersuchten die Forschenden Unterschiede zwischen Kaffeesorten. Dazu mahlten sie immer genau ein Gramm der jeweiligen Kaffeebohnen. Zwischen den Bohnen stellten sie deutliche Unterschiede fest: Stark geröstete, dunklere Kaffeebohnen luden sich beim Mahlen stärker elektrostatisch auf als hellere Kaffeesorten. Das liege, so Hendon, daran, dass dunkle Bohnen im Inneren trockener sind: „Feuchtigkeit bestimmt die Menge der Ladung, die sich beim Mahlen bildet“. So fanden die Forschenden gleich eine Lösung für das Problem: Die elektrostatische Aufladung lässt sich verringern, indem man die Bohnen vor dem Mahlen mit einigen Tropfen Wasser besprenkelt. Denn dank des leitfähigen Wassers fließen die elektrischen Ladungen dann leichter ab.

Natürlich probierten Hendon und sein Team die zahlreichen Espressi, die sie bei ihren Analysen brühten. Ihr Fazit: Espresso aus feuchteren Bohnen schmeckte bei der gleichen Pulvermenge konzentrierter und damit intensiver. Das sei auch für die Kaffeeindustrie relevant: „Wenn sich die Konzentration für die gleiche Kaffeemenge um 10 bis 15 Prozent steigern lässt, hat das immense Auswirkungen auf Qualität und Kosten“, sagt Hendon. Indem man die Bohnen also zunächst etwas anfeuchte, ließe sich mit weniger Kaffeebohnen mehr Espresso brühen – bei gleichem Geschmack.

Ein Mann hinter einem Küchentresen, auf dem eine Kaffeemaschine und ein Messinstrument steht

Josh Mendez erklärt, warum manche Baristas ihre Kaffeebohnen vor dem Mahlen mit Wasser besprühen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2023/elektrizitaet-elektrische-aufladung-macht-espresso-schwaecher/