Wassertropfen mit Eigenantrieb

Jan Oliver Löfken

Farbige Wassertropfen nebeneinander mit Spiralmuster im Inneren

A. Bouillant/C. Boutilier/D. Quéré

Fallen Wassertropfen auf eine heiße Herdplatte, tanzen sie auf einem Kissen aus Wasserdampf in alle Richtungen. Johann Gottlob Leidenfrost aus Duisburg beschrieb diesen Effekt bereits im Jahr 1756. Jetzt berichten Wissenschaftler um David Quéré von der Hochschule für angewandte Physik und Chemie in Paris in der Fachzeitschrift „Nature Physics“, was die Tropfen genau antreibt. Auf dieser Basis ließe sich der sogenannte Leidenfrost-Effekt vielleicht für eine gerichtete und kontrollierbare Bewegung von Tropfen auf heißen Flächen nutzen.

In den Experimenten von Quéré und seinen Kollegen fielen Hunderte von Wassertropfen auf eine glatte, 350 Grad Celsius heiße Siliziumscheibe. Die Bewegungen der Tropfen verfolgten die Wissenschaftler mit einer Hochgeschwindigkeitskamera. Durch den Zusatz winziger eingefärbter Partikel machten sie zudem die Dynamik im Inneren der Tropfen sichtbar. „Die Mobilität der Tropfen steckt in ihnen selbst – sie treiben sich selbstständig an“, erläutert Quéré. Allerdings können sich offenbar nur Tropfen mit einem Durchmesser von etwa einem Millimeter effektiv selbst antreiben. In den Versuchen bewegten sie sich nach dem Auftreffen auf die heiße Fläche mit einer Beschleunigung von bis zu neun Zentimetern pro Quadratsekunde in eine beliebige Richtung. Größere Tropfen verfügten dagegen über keinen messbaren inneren Antrieb.

Ein Blick ins Innere der Tropfen enthüllte die Ursache für dieses unterschiedliche Verhalten. Fielen kleinere Wassertropfen auf die heiße Scheibe, stieg das etwas heißere Wasser im unteren Tropfen auf, während das etwas kältere Wasser im oberen Tropfen herabsank. Diese Konvektionsströmung versetzte das Wasser im Tropfen in Rotation und es entstand ein winziger Druckunterschied innerhalb des Tropfens. Die Folge: Das Dampfpolster war nicht mehr exakt horizontal. Durch die innere Rotation angetrieben bewegte sich der Tropfen nun in die Richtung, in der das Dampfpolster etwas dünner war. In Tropfen mit einem Durchmesser von mehr als etwa zwei Millimetern bildeten sich zwei solche Konvektionszellen im Inneren aus. Die Antriebskräfte durch die innere Rotation hoben sich folglich gegenseitig auf.

In weiteren Versuchen wollen Quéré und sein Team diesen Eigenantrieb von Tropfen noch näher untersuchen und die Randbedingungen der Experimente weiter variieren. Sie möchten beispielsweise verstehen, wie sich die Dynamik beim Zusammenprall mehrerer Tropfen verändert und wie sich eine gefurchte Heizplatte auf die Bewegungen auswirkt. Ein Ziel soll sein, die Richtung der sich selbst antreibenden Tropfen besser kontrollieren zu können.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2018/wassertropfen-mit-eigenantrieb/