Millionen Tonnen Nanoplastik im Ozean

Messungen aus dem Nordatlantik weisen darauf hin, dass sich überraschend viel Plastik in den Weltmeeren befindet – vor allem in bestimmten Wasserschichten.

Dirk Eidemüller

Meeresküste vor einem Berg. Darüber wolkenverhangener Himmel.

BarbaraCerovsek/iStock

Seit vielen Jahren sind riesige Müllstrudel in den Ozeanen bekannt, in denen sich zigtausende Tonnen von Plastikmüll angesammelt haben. Wie viel genau, lässt sich bisher aber nur ungefähr abschätzen. Vor allem beim Nanoplastik – also zu winzigen Stückchen zerriebenem Müll mit weniger als einem tausendstel Millimeter Durchmesser – gab es nur grobe Schätzungen. Nun präsentiert ein Forschungsteam im Fachblatt „Nature“ eine umfangreiche Feldstudie zur Konzentration von Nanoplastik im Nordatlantik. Den Ergebnissen zufolge ist in den Ozeanen wohl wesentlich mehr Nanoplastik enthalten als bislang gedacht.

Nanoplastik entsteht aus größeren Müllstücken, indem die ultraviolette Strahlung der Sonne und die ständige Bewegung im Salzwasser das Plastik mürbe werden lässt. Im Lauf der Zeit verwittert der Müll schrittweise, bis er schließlich zu winzigen Nanopartikeln geworden ist, die mit dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar sind. Nanoplastik lässt sich auch mit herkömmlichen Verfahren kaum nachweisen, weshalb bisherige Schätzungen weit auseinander gingen.

Der Menge an Nanoplastik im Ozean wollten Sophie ten Hietbrink vom Institut für Meeres- und Atmosphärenforschung der Universität Utrecht und ihr Team auf den Grund gehen. Dazu haben sie an zwölf Orten im Nordatlantik Wasserproben aus unterschiedlicher Tiefe genommen. Aus diesen haben sie Nanopartikel herausgefiltert und mit spezieller Massenspektrometrie, einer hochempfindlichen Methode, auf gängige Typen von Nanoplastik untersucht.

Nahe der Oberfläche und an der Küste mehr Nanoplastik

Vor allem in Küstennähe und in den oberen Wasserschichten fanden die Forschenden viel Nanoplastik – in einer Tiefe von zehn Metern durchschnittlich 18,1 Milligramm pro Kubikmeter Wasser. Insgesamt würden demnach alleine in den obersten zehn Metern des Nordatlantiks 27 Millionen Tonnen Nanoplastik umherschwimmen. So hoch schätzte man bisher die Menge an Plastikmüll im Atlantik insgesamt. Besonders viel Nanoplastik fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nahe der europäischen Küste: Dort waren 25 Milligramm pro Kubikmeter Wasser zu finden. In der Nähe des Meeresbodens hingegen war die Konzentration von Nanoplastik mit 5,5 Milligramm pro Kubikmeter geringer.

Insgesamt dürfte deutlich mehr Nanoplastik als größere Plastikteilchen in den Ozeanen enthalten sein. Es ist allerdings noch nicht ganz klar, ob jahreszeitliche Schwankungen bei den Messungen eine Rolle spielen. Die Probennahme fand im November 2020 statt. Im Winterhalbjahr ist der Nordatlantik besonders stürmisch, was zur Aufwirbelung von Nanoplastik aus Sedimenten am Meeresgrund führen könnte. Das gilt es noch in künftigen Studien zu untersuchen. Am Gesamtbefund dürfte sich jedoch wohl nicht viel ändern.

Die Ergebnisse sind besonders besorgniserregend, weil Nanoplastik sehr leicht von Meeresorganismen und insbesondere Speisefischen aufgenommen wird und sich in Körperzellen einlagern kann. Es ist nur unzureichend erforscht, welche gesundheitlichen Risiken damit einhergehen. Die Autorinnen und Autoren gehen aber davon aus, dass Nanoplastik die gefährlichste Art von Plastik ist, da es sich in der Nahrungskette anreichern kann.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2025/umwelt-millionen-tonnen-nanoplastik-im-ozean/