Erdbeben in Zeitlupe

Mithilfe von Sensoren in Bohrlöchern verfolgten Forschende zwei Slow-Slip-Events, also Erdbeben über mehrere Wochen, in Japan.

Anne-Dorette Ziems

Satellitenaufnahme der japanischen Inseln

contains modified Copernicus Sentinel data (2016), processed by ESA

Erdbeben und Tsunamis, die durch tektonische Aktivität ausgelöst werden, zählen zu den verheerendsten Naturkatastrophen. Es gibt aber auch Erdbeben, die für Menschen nicht spürbar sind, weil sie so langsam ablaufen. Solche Slow-Slip-Events sind bisher allerdings noch sehr wenig erforscht. Doch nun haben Forschende erstmals zwei solcher Zeitlupen-Erdbeben mithilfe von Sensoren aufgezeichnet.

Sensoren und anderes technisches Equipment werden über eine Art Kran ins Bohrloch abgesenkt.

Sensoren werden ins Bohrloch gelassen

Slow-Slip-Events, also Zeitlupen-Erdbeben, entstehen ähnlich wie herkömmliche Erdbeben, wenn tektonische Platten sich verschieben und aneinander reiben. Die sich dabei aufbauende Spannung wird durch ein Erdbeben wieder freigesetzt. Bei einem Slow-Slip-Event wird die Energie allerdings nicht in wenigen Sekunden frei, sondern über Tage und Wochen. Dadurch sind diese langsamen Erdbeben für Menschen nicht spürbar, auch wenn insgesamt die gleiche Energie freigesetzt wird wie bei einem starken Erdbeben.

Joshua Edgington vom Institut für Geophysik der Universität von Texas in Austin und sein Team haben nun zwei Slow-Slip-Events entlang des Nankai-Grabens vor der Küste Japans untersucht. Am Nankai-Graben treffen zwei tektonische Platten aufeinander: Die Philippinische Platte schiebt sich unter die Eurasische Platte und sorgt damit für seismische Aktivitäten. Dadurch können sowohl starke als auch langsame Erdbeben ausgelöst werden.

Wasserdruck beeinflusst langsame Erdbeben

Mithilfe von Sensoren in Bohrlöchern ließen sich in den Jahren 2015 und 2020 jeweils ein Slow-Slip-Event aufzeichnen. Denn diese Sensoren sind dazu in der Lage, selbst kleinste Bewegungen im Gestein zu registrieren. Die neue Analyse von Edgington und seinem Team zeigte, dass bei beiden Zeitlupen-Erdbeben die tektonischen Spannungen über einen Zeitraum von mehreren Wochen sowie über eine Strecke von etwa 30 Kilometern freigesetzt wurden. Dabei haben sie keine unmittelbaren Schäden verursacht.

Auffällig war, dass beide langsamen Erdbeben an einem Punkt im Gestein begannen, wo der Wasserdruck deutlich erhöht war. Forscherinnen und Forscher vermuten schon länger, dass Flüssigkeiten eine Schlüsselrolle bei dem Entstehen von Slow-Slip-Events spielen. Doch bislang fehlten noch die Beweise dafür.

Das letzte starke Erdbeben um den Nankai-Graben fand im Jahr 1946 statt. Und auch in Zukunft werden wieder starke Erdbeben für diese Region erwartet. Doch die neuen Analysen von Edgington und seinem Team zeigen, dass sich die Spannungen, die sich am Rand der beiden tektonischen Platten anstauen, zumindest teilweise auch über harmlose Zeitlupen-Erdbeben abbauen können. Mit diesem Wissen wollen die Forschenden als nächstes andere Erdbebenregionen auf Slow-Slip Events untersuchen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2025/seismologie-erdbeben-ueber-mehrere-wochen/