Darf Metall in den Mikrowellenherd?

Sven Titz

Das Foto zeigt im Vordergrund eine Hand, die einen Löffel hält; im Hintergrund ist ein Mikrowellenherd zu sehen

Mario Guti/iStock

Metall habe im Mikrowellenofen nichts zu suchen, heißt es oft. Dabei stimmt diese Warnung nicht ganz. Manche Metallgegenstände können zwar Funken oder Lichtbögen auslösen. Doch ein Löffel im Tee stellt kein Problem dar – im Gegenteil.

In einem Mikrowellenofen lassen sich einfach und sehr schnell Speisen erwärmen – darum ist er so beliebt. Wer Gegenstände aus Metall in das Gerät steckt, kann allerdings eine böse Überraschung erleben. Unter Umständen sprühen dann die Funken und es knallt laut. Im Extremfall kann das Mikrowellengerät sogar Schaden nehmen.

Die Ursache für das Metallproblem liegt in der physikalischen Natur der Mikrowellen. Sie zählen zu den Wellen des elektromagnetischen Spektrums. Sie sind also mit den Wellen des sichtbaren Lichts und mit den Radiowellen verwandt. Allerdings haben die Schwingungen in einem Mikrowellenofen eine deutlich größere Wellenlänge als Lichtwellen: Sie beträgt ungefähr zwölf Zentimeter. Damit ist die Wellenlänge aber immer noch kürzer als die der Radiowellen.

Die Grafik zeigt, wie Wassermoleküle mit elektrischen Feldern interagieren.

Polarität von Wassermolekülen

Treffen Mikrowellen auf ein Lebensmittel, werden sie in der Regel von den Molekülen darin absorbiert. Die dabei aufgenommene Energie versetzt die Moleküle in Bewegung – vor allem Wassermoleküle. Denn H2O, so die chemische Formel für Wasser, setzt sich aus zwei Wasserstoffatomen (H) und einem Sauerstoffatom (O) zusammen. Die elektrische Ladung innerhalb des Moleküls ist nicht gleichverteilt: Auf der Seite des Sauerstoffs bildet sich ein negativer Ladungsschwerpunkt, auf der Seite des Wasserstoffs ein positiver Ladungsschwerpunkt. Durch diese elektrische Polarität reagieren Wassermoleküle stark auf Mikrowellen.

Das liegt daran, dass Mikrowellen als elektromagnetische Wellen sowohl ein magnetisches als auch ein elektrisches Feld mit sich tragen. Die beiden Felder sind miteinander gekoppelt und ihre Stärke oszilliert – so wechseln Plus- und Minuspol des elektrischen Feldes stetig hin und her. Wegen ihrer Polarität richten sich Wassermoleküle immer wieder neu nach diesem elektrischen Wechselfeld aus. Dadurch werden sie in eine Rotationsbewegung versetzt. Die Energie, die sie dabei erhalten, geben die Moleküle anschließend durch Stöße an die Umgebung weiter. Auf diese Weise erwärmen sich alle Lebensmittel, die Wasser enthalten.

Funken und Lichtbögen

Metalle hingegen absorbieren Mikrowellen nicht, sondern reflektieren sie größtenteils. Außerdem entwickeln sich an ihrer Oberfläche – dort befinden sich bewegliche Elektronen – sofort Stromflüsse, hervorgerufen durch das elektrische Wechselfeld der Mikrowellen. An scharfen Kanten und Ecken dünner Metallgegenstände können dadurch sehr starke elektrische Felder entstehen. Erreicht die dabei aufgebaute elektrische Spannung einen kritischen Wert, kann sie sich in Form von Funken entladen. Sprühende Funken lassen sich beispielsweise beobachten, wenn man einen Teller mit Goldrand in ein Mikrowellengerät stellt.

Besonders problematisch ist es, wenn ein Metallgegenstand den Wänden des Mikrowellengeräts nahekommt, die ebenfalls aus Metall bestehen. Dann kann sich zwischen den Metalloberflächen ein Lichtbogen bilden – ein dünner, elektrisch leitender Kanal in der Luft, der hell aufleuchtet. Dabei kann es einen Knall geben. Ursache für den Lichtbogen ist auch hier die hohe elektrische Spannung, die sich entlädt.

Während ein Funke schnell erlischt, können Lichtbögen für längere Zeit bestehen und den Mikrowellenherd stark beschädigen. Gegenstände aus Metall in ein Mikrowellengerät zu stecken, ist also nicht ungefährlich. Es gibt aber eine Ausnahme von dieser Regel. In den Bedienungsanleitungen vieler Mikrowellengeräte wird empfohlen, in einen Teller Suppe oder eine Tasse Tee, die man erwärmen möchte, einen Löffel zu geben. Der metallene Löffel soll verhindern, dass es zu einer „Überhitzung“ der Flüssigkeit kommt.

Siedeverzug vermeiden

Anders als in einem Topf auf dem Herd, wo die Wärme von unten kommt, erhitzt ein Mikrowellenofen Flüssigkeiten ziemlich gleichmäßig. Bei einer Überhitzung – sie wird auch Siedeverzug genannt – wird eine Temperatur von 100 Grad Celsius erreicht, ohne dass die Flüssigkeit zu kochen beginnt. Schon eine leichte Berührung des Tellers oder der Tasse kann dazu führen, dass sich in der überhitzten Flüssigkeit abrupt Blasen aus Wasserdampf bilden, welche die Suppe oder den Tee explosionsartig aus dem Gefäß herausschleudern. Im ungünstigen Fall können sich die Benutzer des Mikrowellengeräts auf diese Weise schmerzende Verbrühungen zuziehen.

Ein Löffel im Gefäß hilft dagegen. Er besteht zwar aus Metall, besitzt aber in der Regel keine scharfen Kanten oder Spitzen – daher bilden sich keine Funken. Außerdem reflektiert er die Mikrowellen zum größten Teil; er erwärmt sich also kaum. Das Entscheidende aber ist, dass der Löffel sogenannte Siedekeime zur Verfügung stellt – das sind kleine Partikel oder Unebenheiten an der Oberfläche, an denen sich rechtzeitig Wasserdampfblasen bilden können. So verhindert die Anwesenheit dieser Siedekeime, dass es zum gefürchteten Siedeverzug kommt. Oberflächen aus Glas oder Keramik sind oft so glatt, dass sich daran keine Wasserdampfblasen bilden.

Ein generelles Verbot von metallenen Gegenständen in Mikrowellenöfen wäre also gar nicht sinnvoll. Es ist aber wichtig, bei dieser Technik äußerst vorsichtig mit Metall umzugehen – vor allem mit dünnen Gegenständen, die scharfe Kanten oder Spitzen haben.

Dass die Mikrowellen nicht durch die Glasscheibe auf der Frontseite aus dem Gerät heraus gelangen, hat übrigens ebenfalls mit Metall zu tun: In die Scheibe ist ein Metallnetz eingearbeitet. Das reflektiert den allergrößten Teil der Mikrowellen, die in diese Richtung unterwegs sind. Darum können die Benutzer gefahrlos in die Öfen hineinschauen.


Funken durch Weintrauben

Nicht nur Metallgegenstände, sondern auch manche Lebensmittel können Funken in einem Mikrowellenofen hervorrufen. Legt man zum Beispiel zwei Weintrauben direkt nebeneinander in ein Mikrowellengerät, bilden sich Funken am Berührungspunkt. Eine Weintraube wirkt für die Mikrowellen nämlich wie ein Resonanzkörper. Eine Resonanz stellt sich hierbei ein, weil Weintrauben physikalisch betrachtet Kugeln aus Wasser sind und weil die Mikrowellen in Wasser eine viel kürzere Wellenlänge haben als in Luft – sie beträgt dann rund 1,5 Zentimeter.

Liegen zwei Weintrauben nebeneinander, wird die Resonanz kombiniert, erläutert Aaron Slepkov von der Trent University in Ontario, Kanada. Die Trauben, so Slepkov, wirken dann wie eine Art Antenne, welche die elektromagnetischen Felder am Berührungspunkt konzentriert. Die Felder können so stark werden, dass sich aus den Natrium- und Kaliumatomen – die sich in der Haut von Weintrauben befinden – Elektronen herauslösen. Die Atome dieser beiden Elemente sind dadurch positiv geladen und absorbieren nun noch mehr Mikrowellenstrahlung. Schließlich ist die Temperatur hoch genug, um die Luft selbst zu ionisieren. Das ist dann der leuchtende Funke, den man beobachtet.

Auch für dieses Experiment gilt allerdings, dass das Mikrowellengerät durchaus Schaden nehmen kann. Von der Nachahmung wird daher abgeraten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/darf-metall-in-den-mikrowellenherd/