Eispyramiden auf Europa

Rainer Kayser

Aufnahme vom Jupitermond Europa

NASA/JPL-Caltech/SETI Institute

Auf der Oberfläche von Europa gibt es möglicherweise große, scharfkantige Eisformationen, berichtet ein Forscherteam nun im Fachblatt „Nature Geoscience“. Zumindest herrschen in einigen Regionen des zweitinnersten Jupitermonds die nötigen Bedingungen, um meterhohe Eispyramiden – sogenanntes Büßereis – entstehen zu lassen. Solche Formationen könnten die Landung einer Raumsonde auf dem Jupitermond erschweren.

Europa ist von einer kilometerdicken Eiskruste bedeckt, unter der sich ein tiefer Ozean aus Wasser verbirgt. „Bisherige Analysen gingen davon aus, dass die Eiskruste auf der für Lander interessanten Skala eben und glatt sei“, schreiben Daniel Hobley von der Cardiff University in Großbritannien und seine Kollegen. Doch das müsse keineswegs so sein. „Auf der Erde entwickeln Eisflächen, die durch Sonnenstrahlung abgetragen werden, raue Muster auf der Skala von Zentimetern bis hin zu vielen Metern.“ Beobachten lassen sich solche Eisformationen in Hochgebirgen der Tropen und Subtropen. Sie entstehen, wenn Eis unter kalten, trockenen und windstillen Bedingungen durch Sonneneinstrahlung nicht schmilzt, sondern sublimiert – also direkt verdampft. Kleine Unebenheiten in den Eisformationen verstärken sich dabei.

Scharfkantige Eisformationen.

Eisformationen in der Atacamawüste

Die Analyse von Hobley und seinem Team zeigt, dass diese Bedingungen insbesondere in der Äquatorregion von Europa erfüllt sind. Bis zu einer Breite von 23 Grad übertrifft die Erosion durch Sublimation, die zu Büßereis führt, andere Erosionsprozesse etwa durch Einschläge kosmischer Kleinkörper oder durch die Teilchenstrahlung von der Sonne, die eher eine Glättung der Oberfläche verursachen. In der Äquatorregion könnten sich dadurch 15 Meter hohe, scharfkantige Eiswände mit mittleren Abständen von 7,5 Metern bilden, so die Forscher.

Zwar sind die von Raumsonden wie Galileo gelieferten Aufnahmen von der Oberfläche des Eismondes zu grob, um die Eisformationen sichtbar zu machen. Radarmessungen von der Erde aus sowie Infrarotmessungen mit Galileo liefern allerdings Indizien: Die Wissenschaftler um Hobley stießen in den Daten auf signifikante Unterschiede zwischen der polaren und der äquatorialen Oberfläche. So reflektiert die Oberfläche im Äquatorbereich beispielsweise Radarstrahlen deutlich schlechter. Diese Unterschiede lassen sich nach Ansicht des Teams gut mit metergroßen, scharfkantigen Unebenheiten auf Europa erklären. Bei etwaigen Landungen auf dem Jupitermond ist also Vorsicht geboten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2018/eispyramiden-auf-europa/