Eine neue Art von Sternexplosionen

Rainer Kayser

Weißes, strudelförmiges Gebilde im All, in dessem Inneren ein Blitz erscheint und ein Ende läuft in einen gelben, strahlenden Himmelskörper

ESO/M. Kornmesser, L. Calçada

Bei der Suche nach Planeten außerhalb unseres Sonnensystems ist ein Forscherteam nun zufällig auf eine neue Art von Sternexplosionen gestoßen und taufte sie „Mikronova“. Von dem Namen sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen. Denn auch wenn Mikronovae nur etwa ein Tausendstel der Energie wie gewöhnliche Sternexplosionen ausstoßen, sind sie nach irdischen Maßstäben dennoch gewaltig: Die dabei verbrannte Menge an Wasserstoff entspricht etwa der 40 000-fachen Masse des Mount Everest. Wie die Forscher im Fachblatt „Nature“ berichten, sind thermonukleare Explosionen an den Polen von Weißen Zwergen die Ursache der Mikronovae.

Gewöhnliche Sternexplosionen – auch Novae genannt – kennen Astronomen bereits seit Jahrhunderten: Manche Sterne leuchten immer wieder für mehrere Wochen hell auf. Dabei handelt es sich um Weiße Zwerge, also die Überreste von einst sonnenähnlichen Sternen, die mit einem zweiten Stern ein Doppelsternsystem bilden. Während sich die beiden Sterne umkreisen, entreißt der Weiße Zwerg seinem größeren Partnerstern Materie – vor allem Wasserstoffgas. Hat sich genug Wasserstoffgas auf der Oberfläche des Weißen Zwergs angesammelt, fusioniert der Wasserstoff zu Helium. Diese thermonukleare Reaktion breitet sich dann explosionsartig über die gesamte Oberfläche des Weißen Zwergs aus und der Stern leuchtet hell auf.

Doch die von Simone Scaringi von der Durham University in Großbritannien und seinen Kollegen entdeckten Explosionen lassen sich nicht mit diesem Modell erklären. Auf der Suche nach Planeten außerhalb unseres Sonnensystems stießen die Forscher auf Sterne, deren Helligkeit ähnlich wie bei gewöhnlichen Novae ansteigt – allerdings nicht so stark und lediglich für mehrere Stunden. „Diese Ereignisse stellen unser Verständnis davon infrage, wie thermonukleare Explosionen auf Sternen ablaufen“, stellt Scaringi fest. „Bisher dachten wir, wir wüssten das, aber diese Entdeckung zeigt einen völlig neuen Mechanismus auf.“

Insgesamt identifizierten die Forscher drei derartige Ereignisse in den Daten des Weltraumteleskops TESS der NASA. Zwei der betroffenen Sterne waren bereits als Weiße Zwerge bekannt. Und Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile zeigten, dass es sich auch bei dem dritten Objekt um einen Weißen Zwerg handelt. Daher vermuteten die Astronomen, dass das beobachtete Phänomen den helleren und längeren Novaexplosionen ähnelt.

Wie die Forscher feststellten, finden die Mikronovae auf Weißen Zwergen mit starken Magnetfeldern statt. „Diese Beobachtung war entscheidend für die Interpretation und die Entdeckung der Mikronovae“, so Scaringi. Denn offenbar lenken diese Magnetfelder die dem Partnerstern entrissene Materie bevorzugt zu den magnetischen Polen des Weißen Zwergs und halten sie dort fest. „Dadurch findet die Kernfusion dann nur an diesen Polen statt. Wir haben also das erste Mal gesehen, dass die Wasserstofffusion auch lokal begrenzt stattfinden kann“, erläutert Paul Groote von der Radboud Universität in den Niederlanden. Das Team will nun gezielt nach weiteren Beispielen für diese neue Art von Sternexplosionen suchen.

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/kosmische-explosion-eine-neue-art-von-sternexplosionen/