Blick ins Innere eines Weißen Zwergs

Rainer Kayser

Weiß leuchtender Stern mit Magnetfeldlinien

Der innere Aufbau von Weißen Zwergsternen weicht offenbar erheblich von bisherigen theoretischen Modellen ab. Das zeigen nun asteroseismologische Untersuchungen des Sterns KIC 08626021. Die beteiligten Wissenschaftler berichten im Fachblatt „Nature“, dass der Kern dieses Weißen Zwergs etwa 40 Prozent größer ist und rund 15 Prozent mehr Sauerstoff enthält als Modelle vorhersagen. Das sei nicht nur eine Herausforderung für die Theorie der Sternentwicklung, sondern könne auch Konsequenzen für die Vermessung des Kosmos mithilfe von Supernovae haben.

„Die meisten Sterne im Kosmos enden als Weiße Zwerge“, erläutern Noemi Giammichele von der Universität Toulouse und ihre Kollegen. Gleichwohl herrsche über den inneren Aufbau dieser Sterne noch große Unsicherheit, da Computersimulationen für dieses Endstadium der Sternentwicklung mit großen Ungenauigkeiten behaftet seien. Deshalb nutzen Giammichele und ihr Team nun eine Methode, die unabhängig von Sternentwicklungsmodellen einen Blick in das Innere von Weißen Zwergen ermöglicht: die Asteroseismologie. Astronomen untersuchen hierbei die Eigenschwingungen von Sternen und gewinnen dadurch Erkenntnisse über deren innere Struktur – ähnlich wie die Analyse von Erdbebenwellen auch Rückschlüsse auf den inneren Aufbau der Erde erlaubt.

Für ihre Studie verwendeten die Wissenschaftler nun Archivdaten des Weltraumteleskops Kepler, das von 2009 bis 2013 die Helligkeit von 150 000 Sternen überwacht hatte. Hauptziel dieser Mission war zwar die Entdeckung von Planeten bei anderen Sternen, das Weltraumteleskop lieferte zugleich aber auch wertvolle Daten über viele veränderliche Sterne. So auch über den pulsierenden Weißen Zwerg KIC 08626021: In den von Kepler gesammelten Daten – die einen Zeitraum von insgesamt 23 Monaten überdecken – konnten Giammichele und ihre Kollegen acht individuelle Schwingungsmoden mit Perioden im Bereich von 143 bis 376 Sekunden nachweisen.

Die gemessenen Daten wertete das Team anschließend mit einem von der Sternentwicklung völlig unabhängigen Modell für den inneren Aufbau eines Weißen Zwergs aus. Für den zentralen homogenen Kern ergaben die Berechnungen eine Masse von 0,45 Sonnenmassen und einen Sauerstoffanteil von 86 Prozent. Beide Werte weichen signifikant von den Vorhersagen der Sternentwicklungsmodelle ab. Nun gelte es zu untersuchen, welchen Einfluss diese Abweichungen auf die Vermessung des Kosmos haben, so die Forscher. Denn stoßen Weiße Zwerge zusammen und verschmelzen, entstehen Supernovae des Typs Ia, die als astronomische Standardkerzen eine wichtige Rolle in der Kosmologie spielen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2018/blick-ins-innere-eines-weissen-zwergs/