Junge Saturnringe

Rainer Kayser

Raumsonde zwischen Planet (unten) und Ringsystem (oben).

NASA/JPL/Caltech

Von April bis September 2017 tauchte die Raumsonde Cassini insgesamt 22-mal zwischen Saturn und seinem Ringsystem hindurch. Die dabei gesammelten Daten zeigen nicht nur, dass die starken Winde in der Planetenatmosphäre bis in eine Tiefe von mindestens 9000 Kilometern hinabreichen müssen. Das Ringsystem ist mit zehn bis hundert Millionen Jahren offenbar auch deutlich jünger als Saturn selbst. In der Zeitschrift „Science“ berichten Wissenschaftler nun über diese und weitere Ergebnisse der letzten Messungen von Cassini.

Vor dem „Großen Finale“ hatte die Raumsonde ihre Bahn stets außerhalb der Saturnringe gezogen. Dadurch konnten die Forscher die Anziehungskräfte des Planeten und des Ringsystems nicht voneinander trennen. Das änderte sich, als Cassini zwischen Saturn und der innersten Ringkante hindurchflog: Bei sechs dieser engen Passagen, die bis auf 2600 Kilometer an die oberen Wolkenschichten des Planeten heranführten, konnten die Wissenschaftler die Bahn der Sonde über Radiosignale mit hoher Genauigkeit verfolgen – und daraus ein neues, exaktes Modell des Gravitationsfelds des Planeten ableiten.

„Wir stießen dabei auf eine Abweichung des Gravitationsfelds von den theoretischen Erwartungen“, schreiben Luciano Iess von der Universität La Sapienza in Rom und seine Kollegen. Die abweichenden Ergebnisse lassen sich den Forschern zufolge hauptsächlich durch zwei Effekte erklären. Der erste sei die ungleichmäßige Rotation der Saturnatmosphäre. Denn die Äquatorregionen drehen sich schneller als die Polregionen. Diese sogenannte differentielle Rotation müsse demnach bis in eine Tiefe von mindestens 9000 Kilometern hinabreichen. Der zweite Effekt entstehe durch den Einfluss der Materie im Ringsystem. Anhand der gemessenen Abweichungen schließen die Forscher um Iess auf eine Gesamtmasse von 1,5 × 1019 Kilogramm für die Ringe – das entspricht etwa einem Fünftausendstel der Masse des Erdmonds.

Über die dynamische Wechselwirkung mit den Monden des Planeten ist die Masse des Ringsystems mit seinem Alter verknüpft. Demnach, so das Cassini-Team, könnten die Saturnringe nicht älter als zehn bis hundert Millionen Jahre sein. Im Vergleich zum Alter des Planeten von 4,5 Milliarden Jahren ist das Ringsystem also sehr jung. Dieser Befund deckt sich mit früheren Messungen von Cassini, die ein stetiges Abregnen von Ringmaterie auf den Planeten zeigen. Dieser Prozess sollte das Ringsystem innerhalb von etwa hundert Millionen Jahren völlig zerstören. Insgesamt scheinen die Saturnringe also ein kosmisch gesehen kurzzeitiges, vorübergehendes Phänomen zu sein.

Cassini war 1997 gestartet und hatte Saturn seit Juni 2004 umkreist. Da der Treibstoff der Sonde zur Neige ging und die Forscher eine etwaige Verschmutzung eines Saturnmonds bei einer unkontrollierten Kollision vermeiden wollten, leiteten sie im November 2016 mit einer Kurskorrektur den kontrollierten Absturz in die Atmosphäre des Gasplaneten ein. Am 15. September 2017 verglühte Cassini schließlich.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/junge-saturnringe/