Radioblitze aus einem extremen Umfeld

Rainer Kayser

Radioteleskop und symbolhafte Darstellung eines Radioblitzes aus dem All

Danielle Futselaar

Extrem kurze Ausbrüche von Radiostrahlung aus einer 2,5 Milliarden Lichtjahre entfernten Zwerggalaxie stammen möglicherweise von einem Neutronenstern in der Nähe eines massereichen Schwarzen Lochs. Darauf deuten detaillierte Beobachtungen der Radioblitze hin, die Astronomen um Jason Hessels von der Universität Amsterdam nun im Fachblatt „Nature“ vorstellten.

Das Team hatte die Quelle FRB 121102 mit dem dreihundert Meter großen Arecibo Telescope in Puerto Rico sowie dem hundert Meter großen Green Bank Telescope in den USA beobachtet und insgesamt 31 Radioblitze nachgewiesen, die jeweils dreißig Mikro- bis neun Millisekunden andauerten. Die kurze Dauer der Ausbrüche spreche für eine sehr kleine Strahlungsquelle, so die Forscher, vielleicht mit einem Durchmesser von nur zehn Kilometern. Diese Größe wäre typisch für einen Neutronenstern.

Zudem stellten die Astronomen fest, dass die Strahlung der kurzen Radioausbrüche zu nahezu hundert Prozent linear polarisiert war. Auch wies sie eine extrem starke und variable Faraday-Rotation auf, also eine Drehung der Polarisationsrichtung in Abhängigkeit von der Frequenz. Das sei charakteristisch für Radiostrahlung, die aus einer Region mit extrem starken veränderlichen Magnetfeldern stamme, schreiben die Wissenschaftler. „Eine derart starke Faraday-Rotation kennen wir bislang nur für Strahlung aus der Umgebung massereicher Schwarzer Löcher“, erläutern Hessels und seine Kollegen.

„Aber noch wissen wir nicht, was die Ursache der beobachteten Radioblitze ist“, betont Teammitglied Vishal Gajjar von der University of California in Berkeley. Zwar lasse sich die gemessene Polarisation und Faraday-Rotation mit der Strahlung eines Neutronensterns im Magnetfeld eines großen Schwarzen Lochs erklären. „Es bleibt aber die Frage, wie ein rotierender Neutronenstern die gewaltige Energie eines Radioblitzes erzeugen kann.“ Die Forscher planen zunächst weitere Beobachtungen von FRB 121102, insbesondere um nach weiteren Hinweisen auf ein massereiches Schwarzes Loch zu suchen. Anschließend wollen die Forscher auch das Umfeld anderer Radioblitze auf physikalische Besonderheiten hin untersuchen.

Schnelle Radioblitze – englisch „Fast Radio Bursts“ oder kurz FRB – sind seit ihrer Entdeckung 2006 ein astronomisches Rätsel. Sie setzen in extrem kurzer Zeit die Energie von mehreren Hundert Millionen Sonnen frei. Die Radioblitze zeigen eine Dispersion genannte Eigenschaft: Strahlung mit hoher Frequenz trifft etwas eher beim Empfänger ein als Strahlung mit niedriger Frequenz. Diese Dispersion ist ein wichtiges Indiz dafür, dass die Strahlung ihren Ursprung außerhalb der Milchstraße hat.

Erschwert wird die Erforschung der Radioblitze dadurch, dass sie jeweils nur einmal am Himmel aufleuchten. Mit einer Ausnahme: FRB 121102 ist die bislang einzige Quelle, die mehrere Radioblitze aussendete – bislang insgesamt über 200. Damit lässt sie sich im Gegensatz zu den anderen Quellen gezielt beobachten. Möglicherweise, so die Forscher, sei das ungewöhnliche Umfeld der Grund dafür, dass FRB 121102 immer wieder Radioblitze abstrahle.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2018/radioblitze-aus-einem-extremen-umfeld/