Grenzen der Quantenmechanik testen

Rainer Scharf

Technischer Aufbau eines mikromechanischen Resonators.

Mit mikrometergroßen schwingenden Balken oder Plättchen, die noch mit bloßem Auge zu erkennen sind, kann man die Grenzen der Quantenmechanik testen. Dazu bringt man diese mechanischen Resonatoren in Quantenzustände, wie man sie von Atomen oder Molekülen kennt. Jetzt haben Forscher am Caltech ein schwingendes Plättchen soweit abgekühlt, bis es sich in seinem quantenmechanischen Grundzustand befand. In der Zeitschrift „Science“ berichten sie, wie sie das Plättchen anschließend in einen sogenannten gequetschten Zustand gebracht haben. Gequetschter Zustand heißt hier, dass sich der Ort eines Teilchens genauer bestimmen lässt als im Grundzustand.

Keith Schwab und seine Kollegen haben einen winzigen mechanischen Resonator hergestellt, der aus einem 50 Mikrometer großen Plattenkondensator bestand, bei dem das obere Plättchen gegen das untere 3,6 Millionen Mal in der Sekunde schwingen konnte – das entspricht einer Frequenz von 3,6 Megahertz. Der Kondensator war über feine Aluminiumdrähte mit einem Mikrowellenresonator verbunden, der eine fast 2000 Mal höhere Frequenz von 6,23 Gigahertz hatte.

Indem die Forscher Mikrowellen unterschiedlicher Frequenz in den Resonator einspeisten, konnten sie das im Vorfeld auf 40 Millikelvin gekühlte schwingende Plättchen weiter abkühlen. Phononen sind Schwingungsquanten, das heißt, ihr Auftreten steht für den Anregungszustand eines Systems. Bei dem Plättchen reduzierte sich durch die Mikrowellenkühlung die Anzahl der Schwingungsquanten von zunächst etwa 50 auf durchschnittlich ein Fünftel Phonon. Damit befand sich das System überwiegend im quantenmechanischen Grundzustand, in dem keine Phononen mehr auftreten.

Doch auch im Grundzustand war das Kondensatorplättchen nicht völlig in Ruhe. Wegen Heisenbergs Unschärferelation waren sowohl sein Ort als auch sein Impuls unbestimmt. Die Ortsunschärfe betrug 2,3 Femtometer, was etwas mehr als der Durchmesser des Protons ist. Die Relation besagt, dass sich in der Quantenmechanik gewisse Eigenschaften wie Ort und Impuls nicht gleichzeitig exakt angeben lassen. Allerdings erlaubt sie es, die Ortsunschärfe auf Kosten der Impulsunschärfe zu verringern. Das erreichten Schwab und seine Mitarbeiter, indem sie Mikrowellenfelder mit abgestimmten Frequenzen durch den Resonator auf den Kondensator wirken ließen.

Aus dem Verhalten des Mikrowellenresonators konnten die Forscher schließen, dass sich das schwingende Kondensatorplättchen in einem „gequetschten“ Quantenzustand mit einer verringerten Ortsunschärfe befand, die nur noch 2,1 Femtometer betrug. Damit hatte das Plättchen jetzt eine merklich kleinere Ortsunschärfe als im Grundzustand, wodurch zum Beispiel genauere Ortsmessungen möglich werden. Die Impulsunschärfe war entsprechend vergrößert, sodass die Unschärferelation weiterhin erfüllt wurde. Das Experiment zeigt, wie weit die Beherrschung von mikromechanischen Resonatoren schon gediehen ist, sodass die Gültigkeit der Quantenmechanik auch außerhalb der molekularen Welt sehr genau getestet werden kann.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2015/grenzen-der-quantenmechanik-testen/