„Photonenpaare auf Knopfdruck“

Dirk Eidemüller

Verschiedene Apparaturen auf einem Tisch

Universität Linz

In der heutigen Kommunikationstechnik werden Informationen in Form von Lichtpulsen durch Glasfaserkabel übertragen – und lassen sich prinzipiell abhören. Wissenschaftler arbeiten derzeit daran, die Lichtbündel durch einzelne Lichtteilchen zu ersetzen und damit eine abhörsichere Quantenkommunikation zu ermöglichen. Ein internationales Forscherteam hat nun sogenannte Quantenpunkte hergestellt, die auf Knopfdruck zuverlässig Paare aus verschränkten Photonen aussenden. Eine wichtige Grundlage für künftige Netzwerke zur Quantenkommunikation, wie die Forscher in der Zeitschrift „Science Advances“ berichten. Dazu ein Interview mit Marcus Reindl von der Universität Linz, der an der aktuellen Studie mitwirkte.

Welt der Physik: Sie experimentieren mit sogenannten Quantenpunkten. Was kann man sich darunter vorstellen?

Poträt des Wissenschaftlers Marcus Reindl

Marcus Reindl

Marcus Reindl: Es handelt sich um winzige Strukturen in einem Halbleitermaterial, die ganz besondere Eigenschaften besitzen. Üblicherweise bringt man dafür zwei verschiedene Materialien in Kontakt, die sich in ihren elektronischen Eigenschaften unterscheiden – zum Beispiel, indem man einen Fleck mit einem Durchmesser von nur wenigen Tausend Atomen in ein Material hineinätzt und mit einem anderen Material auffüllt. Wenn man es richtig anstellt, besteht ein solcher Quantenpunkt zwar aus mehreren Tausend Atomen, verhält sich aber wie ein einziges Atom. Wir können den Quantenpunkt von außen kontrolliert mit Lasern ansprechen und seine Eigenschaften genau einstellen.

Wie stellen Sie solche Quantenpunkte her?

Wir bringen zunächst einen Tropfen aus Aluminium mit einem Durchmesser von nur wenigen Milliardstel Metern auf eine glatte Oberfläche aus Aluminium-Gallium-Arsenid auf. Wenn man das Ganze nun auf 600 Grad Celsius erhitzt, frisst sich das Aluminium in die Oberfläche hinein und hinterlässt ein kreisrundes Loch. Dieses Loch füllen wir dann mit Gallium-Arsenid – und erzeugen so einen Quantenpunkt. Das Interessante daran ist: Wenn wir diesen Quantenpunkt mit einer bestimmten Art von Laserlicht bestrahlen, bilden sich Paare aus Elektronen und sogenannten Löchern. So nennen wir die Stellen im Kristallgitter, an denen ein Elektron fehlt. Wenn sich ein Elektron und ein Loch „treffen“, wird charakteristische Strahlung frei – und zwar genau ein Photon. Mit einem passenden Bestrahlungsmuster können wir diese charakteristischen Photonen also quasi auf Knopfdruck erzeugen.

Mikroskopaufnahme: Hellblaue Fläche mit einem dunkelblauen Punkt in der Mitte

Loch in Aluminium-Gallium-Arsenid

In den aktuellen Experimenten haben Sie mit Quantenpunkten sogar Paare aus verschränkten Photonen erzeugt. Wie haben Sie das angestellt?

Dafür benötigen wir zunächst ein doppeltes Elektron-Loch-Paar. Diese Teilchenpaare können wir ebenfalls mithilfe einer externen Laseranregung erzeugen. In dem engen Quantenpunkt eingesperrt, geraten diese Elektron-Loch-Paare in einen quantentypischen Verschränkungszustand. Nach sehr kurzer Zeit zerstrahlen die beiden Paare dann zu Photonen, wobei die Verschränkung erhalten bleibt. Dadurch sind auch die Lichtteilchen miteinander verschränkt.

Wozu benötigt man solche verschränkten Teilchen?

Mit verschränkten Lichtteilchen oder Photonen lässt sich eine Vielzahl von Dingen anstellen. Man nutzt sie unter anderem in der quantenphysikalischen Grundlagenforschung. Unsere Anwendung zielt aber stärker auf kommende Quantenkommunikationsnetzwerke. Diese können im Prinzip absolut sicher gegen Abhörversuche sein. Das Problem dabei ist aber, dass sich Quantensignale nicht so einfach verstärken lassen wie herkömmliche Telekommunikationssignale. Auch in den besten Glasfaserkabeln gehen nach etlichen Kilometern immer mehr Photonen verloren, sodass man ohne Auffrischen des Signals am Ende nur noch Rauschen in der Leitung hat. Quantenpunkte, wie wir sie bauen, könnten Teile von sogenannten Quantenrepeatern sein. Diese würden das Quantensignal jeweils nach einigen Kilometern Strecke erneuern. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Produktion der Photonenpaare quasi auf Knopfdruck funktioniert. Sonst wären die hohen Taktraten nicht möglich, die man für die Telekommunikation benötigt.

Wie weit ist es noch bis zu einer industriellen Anwendung?

Bis es zu kommerziellen Anwendungen kommt, werden wohl noch ein paar Jahre ins Land gehen. Insbesondere die Taktraten müssen noch deutlich steigen. Aber es wird weltweit aktiv daran geforscht. Und es ist wohl mit einigen Startups in näherer Zukunft zu rechnen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2018/photonenpaare-auf-knopfdruck/