Schrödingers Katze durch Mikrowellen simuliert

Rainer Scharf

Heller Kreis mit sternförmigem Mittelpunkt, der sich nach außen konzentrisch ausbreitet und durch den eine Art Blitz geht.

Erwin Schrödinger wollte mit seinem berühmten Bild einer Katze, die gleichzeitig lebendig und tot ist, die absurden Konsequenzen illustrieren, die eine Anwendung der Quantentheorie auf makroskopische Objekte hätte. Inzwischen gehören Experimente mit Quantenzuständen, die denen der Schrödinger-Katze ähneln, zur physikalischen Forschung – mit Verbindungen zur Grundlagenphysik und zur Quanteninformationsverarbeitung.

Jetzt haben Forscher um Chen Wang und Robert Schoelkopf von der Yale University Mikrowellen in zwei Hohlraumresonatoren so manipuliert, dass ihr gemeinsamer Zustand dem einer lebendig-toten Schrödinger-Katze entsprach, die an zwei Orten gleichzeitig war. Dieser bizarre Zustand lässt sich auch so interpretieren, dass zwei Schrödinger-Katzen in unterschiedlichen Hohlräumen miteinander quantenmechanisch verschränkt waren. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse im Fachblatt „Science“ veröffentlicht.

Bei ihrem Experiment verwendeten die Forscher einen wenige Zentimeter großen Aluminiumblock, der zwei zylinderförmige Hohlräume besaß. Die Hohlräume wurden mit „Alice“ und „Bob“ bezeichnet. Nachdem der Block auf 20 Nanokelvin abgekühlt war, wurde das Aluminium supraleitend und die Hohlräume konnten Mikrowellenphotonen einer bestimmten Resonanzfrequenz einige Millisekunden lang speichern. Mit abgestimmten Mikrowellenpulsen, die in die Resonatoren eingespeist wurden, konnten ihnen Mikrowellenphotonen zugeführt werden. Ein spezielles supraleitendes Bauelement, ein künstliches Atom oder Transmon, koppelte die beiden Resonatoren miteinander und ermöglichte es, ihren Quantenzustand abzufragen und zu ermitteln.

Indem diese Transmon ebenfalls Mikrowellenpulsen ausgesetzt wurde, ließ sich die Stärke der Kopplungen zustandsabhängig verändern. Dadurch konnten die Forscher den Quantenzustand des ganzen Systems umfassend kontrollieren und ein universelles logisches Quantengatter verwirklichen. Zunächst brachten sie die Resonatoren einzeln durch eine geeignete Folge von Mikrowellenpulsen in einen Schrödinger-Katzen-Zustand. Normalerweise ist das Mikrowellenfeld eines angeregten Resonators in einem klassischen sogenannten kohärenten Zustand, wobei die Schwingungsphase und die Photonenzahl des Feldes die kleinstmögliche Unschärfe haben.

Der präparierte Katzenzustand war hingegen eine quantenmechanische Überlagerung zweier solcher klassischer Mikrowellenfeldzustände, deren Phasen sich so stark wie möglich, also um Pi, voneinander unterschieden. Diese beiden gegeneinander schwingenden Feldzustände entsprachen der lebenden beziehungsweise der toten Schrödinger-Katze. Durch die Überlagerung der beiden Zustände war das Feld im Resonator also gleichzeitig „lebendig“ und „tot“. Mit einer weiteren abgestimmten Folge von Mikrowellenpulsen wurden die beiden Resonatoren durch das Transmon gekoppelt, wodurch sich ihre Mikrowellenfelder quantenmechanisch verschränkten. Nun waren die Felder nicht mehr unabhängig voneinander, sondern sowohl beide gleichzeitig „lebendig“ als auch beide gleichzeitig „tot“. Die Entsprechung von Schrödingers Bild wäre eine lebendig-tote Katze, die sich über beide Resonatoren erstreckt.

Indem die Forscher quasi eine lebendig-tote Schrödinger-Katze hergestellt haben, die an zwei Orten gleichzeitig war, haben sie bei der Kontrolle von Quantenzuständen eine neue Stufe erreicht. Damit eröffnen sich auch neue Möglichkeiten für die Quanteninformationsverarbeitung. So kann man durch quantenmechanische Überlagerung und Verschränkung von kohärenten Zuständen, wie es jetzt im Experiment gelungen ist, Quanteninformationen redundant speichern. Das könnte eine effiziente Quantenfehlerkorrektur möglich machen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2016/schroedingers-katze-durch-mikrowellen-simuliert/