Ein Werkzeug aus Schall

Schallwellen übertragen nicht nur Klänge, sondern können auch Objekte bewegen. So lassen etwa wummernde Bässe den Boden eines Konzertsaals vibrieren. Forschende gingen nun einen Schritt weiter. Sie nutzten Schallwellen als Werkzeug, um winzige Objekte gezielt zu steuern und zu greifen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ beschreiben, macht das ein spezieller Chip möglich.

Zunächst erzeugten Jiali Li von der Virginia Tech in Blacksburg und ihr Team akustische Wellen, die sich an einer Oberfläche ausbreiten. Dafür nutzten sie ein Modul, das durch Strompulse zu schwingen beginnt. Diese Schwingungen werden auf die umgebende Luft übertragen und es bilden sich Schall- und Ultraschallwellen mit Frequenzen zwischen hundert und zwei Millionen Kilohertz. So hochfrequente Schallwellen kann der Mensch fast nicht wahrnehmen – doch entlang der Oberfläche, an der sie sich ausbreiten, können sie leichte Objekte vor sich herschieben.

Vielfältige Schallwellen

Um mit den Schallwellen komplexe Aktionen durchzuführen, ordneten die Forschenden filigrane Strukturen aus Chrom, Gold und Lithiumniobat auf einem kleinen Chip an. Laufen Schallwellen über ihn, lassen sie sich – elektronisch gesteuert – gezielt manipulieren. Ähnlich wie man mit Fingern Knetmasse in nahezu beliebige Strukturen bringt, kann der Chip Schallwellen formen: sowohl ihre Frequenzen, ihre Ausrichtung als auch die Wellenform.

In ersten Experimenten bündelten die Forschenden etwa Schallwellen, sodass diese weit reichten. Auch in zwei parallele Schallstrahlen, die Objekte wie eine Zange einklemmen, ließen sich die Wellen aufspalten. Wieder andere Wellenmuster konnten kleine Objekte an vorher festgelegten Orten festhalten.

So schafften es die Forschenden, winzige Quarzkügelchen beliebig zu lenken und festzuhalten oder Nanoröhrchen aus Kohlenstoff auszurichten. Der Chip machte auch möglich, Schallwellen so zu formen, dass sie Schall in eine Richtung verstärken und in die entgegengesetzte Richtung blockieren. Auf Basis dieser Ergebnisse halten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler viele Anwendungen für die Elektronik, Laboranalysen oder Mikrochirurgie für möglich.