Kerosin aus Sonnenenergie

Jan Oliver Löfken

Gerüstartiger Turm inmitten von Photovolatikanlagen unter blauem Himmel

IMDEA Energy

Synthetisches Kerosin ist die große Hoffnung der Luftfahrt, um in Zukunft möglichst klimafreundlich fliegen zu können. Denn rein elektrische Antriebe werden unter anderem wegen des hohen Gewichts selbst bester Lithium-Ionen-Batterien höchstens für kleine Sportflieger genügen. Große Passagierjets bleiben dagegen weiterhin auf flüssige Treibstoffe angewiesen. Nun gelang es einer Forschungsgruppe, das begehrte Kerosin aus Wasser und Kohlendioxid mittels Sonnenhitze zu erzeugen. Details zu dem Prozess mit einem Solarturm präsentieren die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Joule“.

„Wir sind die Ersten, die die gesamte Prozesskette von Wasser und Kohlendioxid bis zum Kerosin in einem Solarturmsystem demonstrierten“, sagt Aldo Steinfeld von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Dazu nutzte er mit seinen Kollegen ein Solarkraftwerk in Móstoles nahe Madrid. Mit insgesamt 169 Spiegeln – sogenannten Heliostaten mit jeweils drei Quadratmetern Spiegelfläche – lenkten sie einfallendes Sonnenlicht gebündelt auf die Spitze eines Solarturms. Dort befindet sich der Reaktorraum, in dem es bis zu 1500 Grad Celsius heiß werden kann.

Schalenartige, sehr raue Oberfläche, die aus vielen kleinen Verästelungen besteht

Hochporöse Keramik

Herzstück des Solarreaktors ist ein gut 18 Kilogramm schwerer Block aus einer hochporösen Keramik aus Ceriumoxid. Durch diese Kammer ließen die Forscher Kohlendioxid und Wasserdampf strömen. Bei der vorherrschenden Hitze gab das Ceriumoxid zuerst etwas Sauerstoff ab. Daraufhin reagierte es sowohl mit dem Wasser als auch mit dem Kohlendioxid in der Kammer und entzog den Gasen wiederum Sauerstoff. Das Ergebnis: ein Gasgemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid – sogenanntes Synthesegas. Dieses leiteten die Forscher in einen weiteren Reaktor am Fuße des Solarturms, wo sie es mithilfe von Katalysatoren und unter hohen Drücken und Temperaturen zu flüssigen Treibstoffen wie Kerosin oder Diesel umwandelten.

Noch ist dieses Verfahrens nicht sehr effizient. Aber immerhin 4,1 Prozent der Energie des Sonnenlichts ließ sich nutzen, um das Synthesegas zu erzeugen. Steinfeld und seine Kollegen halten es jedoch für möglich, einen Wirkungsgrad von bis zu 15 Prozent zu erreichen, indem sie die Prozessschritte und den Keramikblock weiter optimieren. In den nächsten Schritten könnten sich durch größere Solarturmanlagen außerdem die noch hohen Kosten für solar erzeugtes Kerosin drastisch senken lassen. Womöglich lässt sich auch in nicht allzu ferner Zukunft Kohlendioxid für die Treibstoffproduktion direkt aus der Luft verwenden. Wird das Kerosin danach wieder in den Flugzeugtriebwerken verbrannt, wird es wieder freigesetzt, belastet die Atmosphäre aber nicht zusätzlich. Insgesamt käme man so dem Traum vom klimaneutralen Fliegen mit Solarenergie einen deutlichen Schritt näher.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2022/synthetische-kraftstoffe-kerosin-aus-sonnenenergie/