Metallorganischer Dauermagnet

Jan Oliver Löfken

Die Grafik zeigt unterschiedlich große Kugeln, die sich überlappen.

Rodolphe Clérac

Nicht nur im Kompass, auch in Elektromotoren, Lautsprechern oder Festplattenlaufwerken sind Permanentmagnete zwingend nötig. Sie bestehen aus schweren Metalllegierungen, die chemische Elemente wie Kobalt oder Neodym enthalten. Spezielle metallorganische Verbindungen – ein Metallatom wird hier von organischen Molekülgruppen umgeben – bieten eine leichtere und günstigere Alternative. Zwar entwickelten Forscher bereits einige Kandidaten, doch bisher zeigten die Substanzen bei Raumtemperatur keine stabilen magnetischen Eigenschaften. In der Zeitschrift „Science“ präsentieren Materialforscher nun eine metallorganische Verbindung, die dieses Manko überwindet.

Das von Rodolphe Clérac von der Universität Bordeaux im französischen Pessac und seinen Kollegen hergestellte metallorganische Material setzt sich aus Chrom und Pyrazin – einer organischen Verbindung, die auch beim Rösten oder Braten von Lebensmitteln entsteht – zusammen: Jeweils ein Chromion wird dabei von zwei Pyrazinmolekülen umgeben. In den Versuchen lag die Substanz als gräuliches, kristallines Pulver vor, das die Forscher mit verschiedenen Methoden untersuchten. Unter Einsatz von intensiver Röntgenstrahlung am Synchrotronlabor ESRF in Grenoble bestimmten sie beispielsweise die elektronische Struktur der metallorganischen Substanz. Dabei zeigte sich, dass sich die Umlaufbahnen der Elektronen der enthaltenen Chrom- und Chloratome so überlagern, dass sich ein magnetisches Moment ausbildet.

Ähnlich wie winzige Kompassnadeln können sich diese Elementarmagnete parallel ausrichten und damit ein gemeinsames Magnetfeld erzeugen. Um das Material zu magnetisieren oder auch zu entmagnetisieren, sind starke äußere Magnetfelder nötig, berichten die Wissenschaftler. Einmal magnetisiert, steht also ein sehr stabiler Magnet zur Verfügung – eine wichtige Voraussetzung für technische Anwendungen. Weitere Analysen ergaben zudem, dass die Substanz bis zu einer Temperatur von 242 Grad Celsius magnetisierbar ist.

Mit ihrer Arbeit belegen Clérac und seine Kollegen, dass sich synthetisch erzeugte metallorganische Substanzen vergleichbar gut magnetisieren lassen wie anorganische Dauermagnete aus Eisen, Kobalt und Nickel oder Samarium und Kobalt. Dabei wiegen die Vertreter der neuen Materialklasse nur etwa ein Fünftel und lassen sich aus günstigeren Grundstoffen herstellen. „Die metallorganischen Magnete können in einigen Anwendungen gut mit den traditionellen, anorganischen Magneten konkurrieren“, sagt Clérac. Dazu würden beispielsweise magnetische Sensoren oder Datenspeicher für Smartphones oder Satelliten zählen. Doch zunächst gilt es, geeignete Verfahren für die Produktion metallorganischer Magnete im größeren Maßstab zu entwickeln.


Ein neues Material, zusammengesetzt aus Metallatomen und organischen Molekülen, zeigt erstmals auch bei Raumtemperatur stabile magnetische Eigenschaften.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2020/metallorganischer-dauermagnet/