Das Geheimnis der schwarzen Falter

Jan Oliver Löfken

Ein schwarz-orangefarbener Schmetterling auf einem Blatt

Richard Stickney/Museum of Life and Science, Durham

Die Flügel von Schmetterlingen schillern oftmals in vielen bunten Farben. Für diese Farben sind allerdings nicht Farbstoffe, sondern Lichtreflexionen an den winzigen Nanostrukturen der Flügel verantwortlich. Das gilt prinzipiell auch für die tiefschwarzen Flügel mancher Schmetterlingsarten. Doch Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass die bunten Farbeindrücke und das tiefe Schwarz unterschiedliche Ursachen haben. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ berichten, spielt dabei weniger die Nanostruktur an der Flügeloberfläche, sondern deren Tiefe eine zentrale Rolle.

Zunächst untersuchten Alex Davis von der Duke University in Durham und seine Kollegen die Flügelstrukturen von zehn unterschiedlichen Schmetterlingsarten. Diese Arten zeigten alle tiefschwarze Flügelbereiche auf, die nur 0,06 bis 0,4 Prozent des senkrecht einfallenden Lichts reflektierten. Solche Schmetterlingsflügel bestehen in der Regel aus zwei Chitinschichten, wobei die untere weitestgehend glatt ist und die obere Nanostrukturen aufweist. Diese beiden Schichten sind über zahlreiche filigrane Nanosäulen – die sogenannten Trabekel – miteinander verbunden. Unter einem Elektronenmikroskop offenbarte sich den Forschern die große Vielfalt der Nanostrukturen. Mal zeigte die obere Flügelschicht ein Wabenmuster, mal V-förmige, mal rechteckige Strukturen mit Löchern unterschiedlicher Größe.

„Daher vermuteten wir, dass weder die Form der Struktur noch die Größe der Löcher für die sehr geringe Lichtreflexion verantwortlich sein kann“, sagt Alex Davis. Dagegen ähnelten sich die Strukturen aller tiefschwarzen Flügel in einem anderen Punkt: Alle wiesen überraschend lange Nanosäulen zwischen den Chitinschichten auf. Der Schmetterling mit dem schwärzesten Schwarz – ein Edelfalter der Art Catonephele antinoe – hatte Trabekel von bis zu 1200 Nanometer Länge. Auch zahlreiche Computersimulationen zeigten den Einfluss der Trabekel auf den Farbeindruck: Je länger die Nanosäulen, desto tiefer dringt das Licht ein. Denn die einfallenden Lichtwellen treffen im Flügel mehrfach auf die Wände der Nanosäulen und werden so immer mehr abgeschwächt. Die Folge ist eine nahezu perfekte Lichtabsorption, die von außen als tiefes Schwarz erkennbar ist.

In weiteren Versuchen wollen Davis und seine Kollegen nun herausfinden, welche Vorteile die Schmetterlinge durch die tiefschwarzen Flügelbereiche haben. Möglicherweise könnte das Schwarz eine Rolle beim Anlocken von Paarungspartnern haben. Denn je dunkler Flügelbereiche sind, umso schillernder und kontrastreicher wirken die benachbarten bunten Farbflächen. Einen anderen Vorteil gewinnen die Schmetterlinge möglicherweise dadurch, dass sich tiefschwarze Flügel durch die sehr gute Lichtabsorption schneller aufwärmen. Damit könnten die Schmetterlinge beim Sonnenaufgang schneller flugfähig werden, da die Flügel dafür eine Mindesttemperatur aufweisen müssen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2020/das-geheimnis-der-schwarzen-falter/