Kraftmesser für lebende Zellen

Jan Oliver Löfken

Mikroskopaufnahme von Zellen, die in verschiedenen Farben leuchten. Die Zellen sind über dünne Stränge miteinander verbunden.

Wenn sich lebende Zellen bewegen, üben sie kleine Kräfte aus. Diese spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung ganzer Organismen, bei der Zellteilung oder auch beim Wachstum von Tumoren. Biophysiker konnten diese Kräfte nun mit einem neu konzipierten Mikroskop im Detail aufzeichnen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Methods“ berichten, erlaubt ihre Methode einen genaueren Einblick in die Dynamik von Zellen.

Gemeinsam mit seinen Kollegen nutzte Khalid Salaita von der Emory University in Atlanta eine spezielle Art eines Kraftmikroskops. Auf der Tastfläche des Mikroskops deponierten die Forscher in Abständen von einigen Dutzend Nanometern einzelne DNA-Erbgutstränge. Berührten diese die Oberfläche einer lebenden Zelle, dehnten sie sich wie winzige Federn oder drückten sich zusammen. Zum Nachweis der wirkenden Kräfte nutzten die Forscher fluoreszierende Moleküle, die sich an den DNA-Strängen befanden. Abhängig von der Auslenkung der DNA-Ketten sendeten die Moleküle mal mehr, mal weniger Fluoreszenzlicht aus.

Diese Lichtsignale konnten Salaita und sein Team mit empfindlichen Detektoren messen. Die Stärke der Signale nutzten sie als Maßstab für die von der Zelle ausgeübten Kräfte. „Mit unserem Ansatz können wir Richtung und Stärke der molekularen Kräfte in Zellen mit hoher räumlicher Auflösung analysieren“, so Salaita. In ersten Versuchen mit Zellen von Menschen und Mäusen zeichneten die Forscher die Bewegungen der Zellen wie auf einer winzigen Landkarte auf. Demnach üben die Zellen Kräfte in der Größenordnung von nur wenigen Pikonewton aus.

„Mit dieser Methode können Biologen die Ausrichtungen der Kräfte analysieren und daraus schließen, wie die Zelle auf Prozesse in der Umgebung reagiert“, sagt Salaita. Auch die Abläufe des Immunsystems oder die Dynamik von Krebszellen könnten mit dem molekularen Kraftmikroskop untersucht werden. Möglicherweise liefern solche Messungen zukünftig auch neue Einblicke in die Entwicklung von Organismen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2017/kraftmesser-fuer-lebende-zellen/