Ringlaser misst Erdrotation

Rainer Kayser

Blick in einen Schacht, in dem Rohre und Geräte zu erkennen sind

J. Igel/Geophysikalisches Observatorium/LMU

Die Erde kreist um die Sonne und dreht sich dabei um die eigene Achse – diese Bewegung ist allerdings nicht ganz gleichförmig: Die Achse schwankt leicht, durch starke Winde in der Atmosphäre und Meeresströmungen verlagert sich stetig Masse auf dem Planeten und Erdbeben erschüttern den Globus. Solche minimalen Unterschiede in der Erdbewegung haben Wissenschaftler nun mithilfe von Ringlasern hochpräzise und in Echtzeit vermessen. Die Erfassung solcher Bewegungen ist nicht nur für die Geophysik, sondern beispielsweise auch für das globale Positionssystem GPS und das Entkoppeln hochpräziser Messeinrichtungen von Bedeutung, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Physical Review Letters“.

André Gebauer von der LMU in München und seine Kollegen verwendeten für ihre Messungen die Anlage ROMY nahe Fürstenfeldbruck in Bayern. ROMY steht für „Rotational Motions in Seismology“, also Rotationsbewegungen in der Seismologie. Die Anlage besteht aus insgesamt vier Ringlasern. Das Laserlicht läuft darin allerdings nicht entlang eines Kreises, sondern entlang von zwölf Meter langen Kanten eines gleichseitigen Dreiecks. In den vier Laser-„Ring“-Dreiecken, die gemeinsam einen Tetraeder bilden, bewegen sich jeweils zwei Laserstrahlen gegenläufig. Der Strahl, der mit der Erddrehung läuft, muss eine etwas längere Strecke zurücklegen und braucht dafür geringfügig länger. Aus dieser Differenz lässt sich die lokale Drehbewegung am Erdboden in alle Richtungen messen.

Der gegenwärtige Goldstandard für die genaue Vermessung der Erdrotation ist die sogenannte Langbasisinterferometrie, bei der über den gesamten Erdball verteilte Radioteleskope zusammengeschaltet werden. Minimale Änderungen der Ankunftszeiten von Radiosignalen ferner kosmischer Quellen liefern den Forschern hier Informationen über Variationen der Erddrehung. Solche Messungen ermöglichen zwar sehr genaue Ergebnisse, haben aber einen großen Nachteil: Ihre Auswertung ist kompliziert und dauert oft tagelang. Bei einem Ringlaser dagegen liegen die Ergebnisse sofort vor – die Rotation der Erde lässt sich also in Echtzeit beobachten.

Das Team um Gebauer präsentiert jetzt erste Ergebnisse von Messungen mit ROMY. Zwar erreiche die Anlage nicht die Genauigkeit der Langbasisinterferometrie, aber die Studie belege, dass das Verfahren funktioniere, so die Forscher. Und schon jetzt haben die Daten wissenschaftliches Potenzial, sagt Co-Autor Heiner Igel von der LMU: „Für die Seismologie konnten wir bereits sehr wertvolle Daten von Erdbeben und ozeanerzeugten seismischen Wellen beobachten.“ Langfristig ließe sich mit Ringlasern durchaus die Genauigkeit von Messungen per Langbasisinterferometrie erreichen, betonen die Wissenschaftler. Künftig könnten sich die beiden Verfahren dann ergänzen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2020/ringlaser-misst-erdrotation/