Was macht den Klang eines Musikinstruments aus?

Warum eine Geige anders klingt als ein Cello und wieso sich sogar verschiedene Geigen im Klang unterscheiden, erklärt Malte Kaluza von der Universität Jena im Interview.

Merle Graf-Schreiber

Ein Cello im Orchester. Im Hintergrund eine Geige und ein Horn. Die Musikerinnen und Musiker tragen dunkle Kleidung.

CorbalanStudio/iStock

Welt der Physik: Herr Kaluza, Sie forschen eigentlich im Bereich der Laserphysik, beschäftigen sich aber auch intensiv mit Musik.

Malte Kaluza: „Ja, auch wenn ich hauptberuflich Physiker bin, habe ich eine sehr enge Verbindung zur Musik. Seit meinem vierten Lebensjahr spiele ich Klavier und mit elf Jahren habe ich angefangen, Cello zu spielen. Tatsächlich habe ich neben dem Physikstudium auch ein Musikstudium – mit dem Hauptfach Cello – abgeschlossen.”

Bevor wir über die verschiedenen Instrumente sprechen, steigen wir vielleicht erst einmal mit den Grundlagen ein: Was passiert aus physikalischer Sicht, wenn wir einen Ton hören?

„Zunächst einmal brauchen wir eine Schallquelle, das kann zum Beispiel ein Lautsprecher, die menschliche Stimme oder ein Musikinstrument sein. Von dieser Quelle breitet sich eine Schallwelle in das umgebende Medium – in unserem Fall meist Luft – bis zu einem Empfänger, also etwa einem Mikrofon oder unserem Ohr, aus. Trifft diese Schallwelle nun auf die Membran des Mikrofons oder unser Trommelfell, beginnen diese mit derselben Frequenz zu schwingen wie die Schallwelle. Wir nehmen das dann als Ton wahr.”


Was schwingt bei einer Schallwelle?

Zwei Grafiken, die die Ausbreitung von Schall erklären: Oben ist eine rechteckige Fläche zu sehen, in der Punkte die Luftmoleküle darstellen. Ein Pfeil zeigt die Richtung einer Schallwelle von links nach rechts an. Dort, wo der Druck kleiner als der Atmosphärendruck ist, sind die Abstände zwischen einzelnen Punkten groß. Dort, wo der Druck größer als der Atmosphärendruck ist, ballen sich viele Punkte auf kleiner Fläche.
Unten ist ein Koordinatensystem zu sehen, deren x-Achse die Zeit und deren y-Achse die Amplitude anzeigt. Eine gleichmäßige Wellenlinie durchläuft das Koordinatensystem. Den Abstand zwischen zwei Wellenhochpunkten bezeichnet eine Umschrift als Wellenlänge. Eine horizontale Linie, die durch die Mitte der Wellenlinie verläuft, gibt den atmosphärischen Umgebungsdruck an.

Ausbreitung einer Schallwelle

Ausgelöst wird Schall durch die schwingende Bewegung eines Körpers – etwa der Saite einer Violine oder der Membran eines Lautsprechers. Die Schwingung überträgt sich auf die Luftmoleküle in der unmittelbaren Nachbarschaft: In manchen Bereichen wird die Luft zusammengedrückt und die Abstände zwischen den Molekülen werden kleiner, in anderen dehnt sich die Luft aus und die Abstände werden größer. Diese periodischen Dichteschwankungen breiten sich von der Schallquelle in alle Richtungen aus – als Schallwelle.

Die mit den Dichteschwingungen einhergehenden Luftdruckschwankungen überlagern den atmosphärischen Luftdruck. Dabei nehmen wir den vom Schall übertragenen Ton umso lauter wahr, je größer die durch die Schallwelle verursachten Luftdruckschwankungen sind.

Was entscheidet darüber, ob ein Ton hoch oder tief ist? Und wovon hängt die Lautstärke ab?

„Die Tonhöhe ist mit der Frequenz der Schwingung verbunden. Bei einem hohen Ton schwingt die Luft und dann das Trommelfell öfter pro Sekunde – also mit einer höheren Frequenz – hin und her als bei einem tiefen Ton. Die Lautstärke hängt damit zusammen, wie weit zum Beispiel eine Lautsprechermembran in beide Richtungen ausschlägt. Wir nennen das die Amplitude.“

Wenden wir uns gerne wieder den Musikinstrumenten zu. Wie genau entsteht hier der Ton?

„Das hängt sehr davon ab, um was für ein Instrument es sich handelt. Bei einer Gitarre, einem Streichinstrument, einer Harfe oder auch einem Klavier sind es letzten Endes die Saiten, die zu Schwingungen angeregt werden. Bei einem Blasinstrument – wie einer Querflöte, einer Trompete oder einer Oboe – ist es dagegen die Luftsäule, die im Inneren dieses Instruments zum Schwingen gebracht wird.“


Zur Person

Malte Kaluza ist Professor für Relativistische Laserphysik an der Universität Jena und forscht am Helmholtz-Institut Jena. Mit seiner Forschungsgruppe konzentriert er sich auf die Entwicklung and Anwendungen von Lasersystemen mit hohen Spitzenleistungen.

Sorgen diese verschiedenen Arten, einen Ton zu erzeugen, für den unterschiedlichen Klang?

„Wie ein Ton hinterher klingt, hängt tatsächlich von mehreren Faktoren ab. Wenn ich etwa mit dem Bogen über eine Saite streiche, klingt es anders, als wenn ich an der Saite zupfe. Aber auch wenn ich eine Geigensaite zupfe, klingt es immer noch anders als bei einer Gitarre. Einen maßgeblichen Einfluss auf den Klang hat die Form des Instruments: Eine Saite, die alleine schwingt, hört man fast gar nicht.

Damit man einen lauteren Ton herausbekommt, müssen die erzeugten Schallwellen von einem Resonanzkörper verstärkt werden – und dabei spielen sowohl die Form als auch das Material eine entscheidende Rolle. Denn je nachdem wie ein Resonanzkörper gebaut ist, verstärkt er verschiedene Obertöne aus der Schwingung einer Saite jeweils etwas unterschiedlich. Vor allem während des Einschwingvorgangs, also am Anfang eines Tons, kann sich die Zusammensetzung der Obertöne sehr stark ändern. Durch diese charakteristische Mischung der Obertöne entsteht letztlich der einzigartige Klang eines Instruments.“

Können Sie kurz erläutern, was Obertöne sind?

„Tatsächlich können auf einer gespannten Saite gleichzeitig verschiedene Schwingungen auftreten. Wenn man beispielsweise mit einem Bogen über eine Saite streicht, werden neben dem Grundton auch noch viele höhere Frequenzen angeregt. Diese sogenannten Obertöne entsprechen jeweils einem ganzzahligen Vielfachen der Frequenz des Grundtons.

Wenn man nun den Klang eines Instruments analysiert, sieht man neben der Grundfrequenz – also der Tonhöhe, die man wahrnimmt – auch die ganzen Obertöne in unterschiedlichen Verhältnissen zueinander. Und der Klang, den das menschliche Ohr wahrnimmt, hängt ganz entscheidend von dieser Obertonzusammensetzung ab.“

Zwei Balken, die parallel von oben nach unten durch das Bild verlaufen. Dazwischen verlaufen von links nach rechts drei Linienpaare. Das oberste Linienpaar kreuzt sich zwischen den Balken nicht und ist als Grundschwingung beschriftet. Das mittlere Linienpaar kreuzt sich einmal zwischen den Balken und ist als erste Oberschwingung beschriftet. Das unterste Linienpaar kreuzt sich zweimal zwischen den Balken und ist als zweite Oberschwingung beschriftet.

Grundton und Obertöne

 

Auch zwei auf den ersten Blick baugleiche Geigen können durchaus unterschiedlich klingen. Woran liegt das?

„Entscheidend ist, wie gut der jeweilige Resonanzkörper den Klang verstärken kann. Eine Geige aus Metall würde zum Beispiel durchdringender klingen als eine aus Holz. Das liegt daran, dass Metall viel härter ist, aber auch elastischer. Auch Geigen aus verschieden hartem Holz hören sich unterschiedlich an. Das härtere Holz verstärkt den Klang besser und macht das Instrument lauter.

Das heißt aber nicht, dass es auch schöner klingt. Für einen schönen Klang will man ja möglichst wohlklingende Verhältnisse dieser ganzen Obertöne haben. Im Idealfall hat man ein schön klingendes und trotzdem lautes Instrument. Die Geigen- oder Cello-Solisten von heute spielen in den allermeisten Fällen alte italienische Streichinstrumente, die genau diesen Spagat schaffen.“

Was gefällt Ihnen denn am Klang eines Cellos besonders gut?

„Das Cello ist natürlich das schönste Instrument überhaupt (lacht). Es ist das Streichinstrument, das von seinem Tonumfang her der menschlichen Stimme am nächsten ist und das ganze Spektrum von der tiefen Bassstimme bis zur hohen Sopranstimme abdeckt. Im Orchester spielt man zwar eher die Bassstimme, aber man kann damit auch sehr schöne Melodien spielen. Diese Vielfältigkeit und Variationsmöglichkeit ist das, was mich nach wie vor am Cello so fasziniert.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/musik-was-macht-den-klang-eines-musikinstruments-aus/