Möglicher Nachweis von Dunkler Materie?
Rainer Kayser und Redaktion
ESO/L. Calçada
Sowohl die Analyse der Bewegung von Galaxien als auch von Strukturen in der kosmischen Hintergrundstrahlung zeigen, dass etwa 85 Prozent der Materie im Kosmos unsichtbar ist. Diese Dunkle Materie besteht nicht aus den uns bekannten Elementarteilchen, sondern aus bislang unbekannter Materie. Physikerinnen und Physiker haben seither schon viele hypothetische Elementarteilchen vorgeschlagen, aus denen die Dunkle Materie bestehen könnte. Ein Astrophysiker hat nun womöglich einen Hinweis auf einen Kandidaten für Dunkle Materie in den Daten des Weltraumteleskops Fermi gefunden. Die Teilchen hätten demnach etwa die 500-fache Masse von Protonen, so der Wissenschaftler im Fachblatt „Journal of Cosmology and Astroparticle Physics“.
Zu den favorisierten Kandidaten für Dunkle Materie zählen sogenannte WIMPs – schwach wechselwirkende massereiche Teilchen, die 500mal schwerer sind als Protonen. Solche Teilchen besitzen eine interessante Eigenschaft: Wenn zwei von ihnen zusammenstoßen, vernichten sie sich gegenseitig und es wird Strahlung freigesetzt. Mit verschiedenen Forschungsprojekten wurde bereits nach dieser Strahlung gesucht, die im hochenergetischen Gammabereich liegt – und vor fünfzehn Jahren schienen die Forschenden tatsächlich fündig geworden zu sein. Beobachtungen mit dem 2008 gestarteten Weltraumteleskop Fermi zeigten Strahlung aus dem Zentrum der Milchstraße, die zunächst als Annihilations-Strahlung von Dunkler Materie interpretiert wurde. Doch man hatte sich zu früh gefreut: Schon bald erkannten die Physikerinnen und Physiker, dass sich diese Strahlung auch mit Neutronensternen erklären lässt – und davon gibt es im galaktischen Zentrum vermutlich viele.
Ergebnisse müssen jetzt unabhängig bestätigt werden
Tomonori Totani von der Universität Tokio beschränkte seine Suche nach der verräterischen Strahlung deshalb auf Regionen des Himmels, in denen nur wenige Neutronensterne vermutet werden – und zwar im Halo der Milchstraße, abseits sowohl von ihrem Zentrum als auch von ihrer sternenreichen Scheibe. Der Forscher analysierte dafür die seit 15 Jahren gesammelten Daten des Weitwinkelteleskops LAT von Fermi. Seine Analyse zeigt einen signifikanten Überschuss von Gammastrahlung in einem Energiebereich von 2 bis 200 Giga-Elektronenvolt und ein deutliches Maximum bei 20 Giga-Elektronenvolt. Eine solche Energieverteilung der Gammastrahlung erwartet man gerade für die gegenseitige Vernichtung von WIMPs. Totani sieht darin einen „möglichen“ Nachweis der Dunklen Materie.
„Es wäre das erste Mal, dass wir Dunkle Materie gewissermaßen sehen“, erläutert Totani. „Und es würde zeigen, dass die Dunkle Materie aus Teilchen besteht, die nicht im Standardmodell der Teilchenphysik enthalten sind.“ Aber erst einmal müssen andere Forschungsgruppen seine Ergebnisse unabhängig reproduzieren und bestätigen. Aber auch wenn sich der Gammaüberschuss bestätigt, bleibt die Möglichkeit, dass bislang übersehene astrophysikalische Phänomene die Strahlung erzeugen. Totani empfiehlt daher, insbesondere in Zwerggalaxien nach dieser Gammastrahlung zu suchen, in der völlig andere Bedingungen als in der Milchstraße vorliegen. Seiner Ansicht nach wäre ein dortiger Nachweis der gleichen Art von Gammastrahlung ein ganz wichtiges Indiz dafür, dass sie tatsächlich von Teilchen der Dunklen Materie stammt.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2025/dunkle-materie-moeglicher-nachweis-von-dunkler-materie/


