Wie ein kosmischer Superhaufen entsteht

Rainer Kayser

Zwei ausgedehnte Strukturen im All sowie zahlreiche Sterne.

Chandra X-ray Center

Galaxienhaufen bestehen aus mehreren Hundert oder gar Tausenden von einzelnen Galaxien. Dass solche ausgedehnten Systeme im Weltall zusammenstoßen, ist eher die Regel als die Ausnahme. Gerrit Schellenberger vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in den USA und seine Kollegen berichten jetzt jedoch von gleich vier Galaxienhaufen, die aufeinanderprallen – und dadurch eine der größten Strukturen im Kosmos formen: einen Superhaufen. Ihre Beobachtungen mit dem Röntgensatelliten Chandra sowie mehreren Teleskopen auf der Erde stellen die Wissenschaftler nun im Fachblatt „Astrophysical Journal“ vor.

Die Kollision der vier Galaxienhaufen ereignete sich rund drei Milliarden Lichtjahre von uns entfernt am Rand des Sternbilds Jagdhunde. Abell 1758 – so die Katalogbezeichnung der Gesamtstruktur – besteht aus zwei engen Paaren von Galaxienhaufen, die sich aufeinander zubewegen. Während das südliche Paar kurz vor einem ersten Zusammenstoß steht, muss sich das nördliche Paar vor etwa 300 bis 400 Millionen Jahren bereits sehr nahegekommen sein, folgert das Team anhand der Aufnahmen.

Die Folgen dieser engen Begegnung konnten die Wissenschaftler um Schellenberger sogar jetzt noch beobachten: Der Zusammenprall des Wasserstoffgases, das sich zwischen den Sternsystemen der beiden Haufen befindet, löste damals eine gigantische Stoßwelle aus. Aus deren heutigen Stärke leiten die Forscher eine Kollisionsgeschwindigkeit von 2100 Kilometern pro Sekunde ab. Derzeit entfernen sich die beiden Galaxienhaufen zwar voneinander, doch in einigen Hundert Millionen Jahren dürfte sich diese Bewegung umkehren. Durch ihre gegenseitige Anziehungskraft werden die beiden Haufen schließlich erneut miteinander kollidieren.

Durch solche Zusammenstöße und Verschmelzungen können sich im Lauf von Milliarden Jahren immer größere Galaxienhaufen und sogar extrem große Superhaufen bilden. Für solche Kollisionen gibt es am Himmel zahlreiche Beispiele – etwa den bekannten Bullet Cluster.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/wie-ein-kosmischer-superhaufen-entsteht/