Quantenmechanisches Prinzip beobachtet

Ansammlung leuchtender Punkte

Im Mikrokosmos herrschen eigene Gesetze – die Regeln der Quantenmechanik. Sie beschreiben unter anderem das statistische Verhalten der Elementarteilchen. So gehören Elektronen und alle anderen Bausteine der Atome zur Gruppe der Fermionen, die niemals in allen Quantenzahlen übereinstimmen dürfen. Dieses „Ausschließungsprinzip“ formulierte im Jahr 1925 der österreichische Physiker Wolfgang Pauli, um Aufbau und Stabilität von Atomen zu erklären. Was damals postuliert und in mathematische Gleichungen gegossen wurde, kann heute in quantenoptischen Experimenten überprüft werden. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching und der Ludwig-Maximilians-Universität in München haben das bezüglich des von Pauli formulierten Prinzips getan und ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht.

Das Team um Christian Groß konnte die aus dem Ausschließungsprinzip folgende „Pauli-Blockade“ direkt beobachten. Dazu kühlten die Physiker ein Gas aus fermionischen Lithium-6-Atomen auf extrem tiefe Temperaturen ab und luden die kalten Teilchen in ein optisches Gitter. Da gleichartige Fermionen nicht die gleichen Gitterplätze einnehmen dürfen, sollte sich jedes Atom seinen eigenen Platz aussuchen. Genau dies konnten die Wissenschaftler mit einem Quantengasmikroskop beobachten, das einzelne Atome mit entsprechender räumlicher Auflösung abbilden kann. Zur Kühlung und Abbildung der Fermionen nutzten sie an Bosonen erprobte Methoden. „Unsere Arbeit gibt einen neuen Zugang, Quantenkorrelationen in fermionischer Quantenmaterie zu beobachten oder Phänomene wie Quantenmagnetismus und Supraleitung besser zu verstehen“, sagt Groß.

Die Quantenstatistik unterscheidet zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Sorten von Teilchen: den Bosonen, die am absoluten Temperaturnullpunkt in einen einzigen Quantenzustand „kondensieren“, und den Fermionen auf der anderen Seite, für die die mehrfache Besetzung eines einzelnen Zustandes verboten ist. Teilchen mit halbzahligem Spin zählen zu den Fermionen, Bosonen dagegen haben einen ganzzahligen Spin. Dem Ziel, das Verhalten von Elektronen in einem Festkörperkristall mit Atomen in optischen Gittern zu simulieren, kommt man mit Fermionen erheblich näher. Allerdings wurden in den meisten Experimenten bisher Bosonen bevorzugt, da sich Fermionen aus verschiedenen Gründen nur schwer auf die erforderlichen tiefen Temperaturen kühlen lassen.

Das Forscherteam um Groß hat in seinem Experiment bestimmte Kühlmethoden und Abbildungsverfahren miteinander kombiniert. Zunächst kühlten die Wissenschaftler die Atome mit verschiedenen Methoden ab und fingen sie in einer Dipolfalle ein. Die bereits extrem kalte Wolke aus Lithiumatomen wird dann mit Licht- und Magnetfeldern so präpariert, dass schließlich nur noch eine Ebene aus etwa 700 bis 800 Atomen übrig bleibt. Diesen wird ein optisches Gitter überlagert, das durch die Interferenz von Laserstrahlen erzeugt wird. Das Lichtgitter definiert die Kristallgeometrie und legt fest, wo sich die Atome aufhalten dürfen.

Der wirklich entscheidende und neue Schritt ist aber die Modifizierung des in der Gruppe entwickelten Quantengasmikroskops. Die Wissenschaftler wandten eine spezielle Kühlmethode, die ursprünglich für die Abkühlung von Ionen entwickelt wurde, auf Fermionen in einem Gitter an. Bei dieser besonderen Form der Laserkühlung werden die quantenmechanischen Schwingungszustände des Atoms in einem Gittertöpfchen so manipuliert, dass das Atom in den niedrigsten Zustand getrieben und somit gekühlt wird.

Bei dem Kühlprozess werden gleichzeitig Photonen an den Atomen gestreut, sodass diese wie kleine Nanoglühbirnen aufleuchten und einzeln beobachtet werden können. Ein hochauflösendes Mikroskopobjektiv kann dabei alle Atome gleichzeitig abbilden, und es kann so ein fotografischer Schnappschuss des atomaren Gases aufgenommen werden. Die Aufnahmen zeigen, dass die Teilchen im mittleren Bereich der Falle sehr gleichmäßig verteilt sind: ein Atom pro Gitterplatz. „Wichtig ist, dass diese Verteilung allein aufgrund der Quantenstatistik, das heißt des Pauli-Prinzips, zustande kommt“, sagt Ahmed Omran, Erstautor der Studie. „Identische Fermionen haben eine abstoßende Wirkung aufeinander, es gibt keine weitere Wechselwirkung zwischen den Atomen.“

Die neue Technik beinhaltet Möglichkeiten für weitere Experimente mit Quantenvielteilchensystemen aus fermionischen Atomen. Sie kann beispielsweise weiterentwickelt werden, um einzelne Fermionen in einem Vielteilchensystem zu manipulieren, was eine Möglichkeit zum Erreichen noch tieferer Temperaturen darstellt. Bei diesen sollte sich erwartungsgemäß eine antiferromagnetische Ordnung ausbilden, die man mit dem Quantengasmikroskop direkt beobachten und charakterisieren kann. Gerade dieser Antiferromagnetismus wird als heißer Kandidat für die Erklärung grundlegender Supraleitungsphänomene gehandelt.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2016/quantenmechanisches-prinzip-beobachtet/