Sonnenlicht lässt Sensoren schweben

Ein physikalischer Effekt bringt winzige Flugkörper zum Schweben und könnte uns bisher kaum zugängliche Daten einer hohen Atmosphärenschicht gewinnen lassen.

Jan Oliver Löfken

Kleine Flugobjekte am Himmel mit metallisch glänzenden Scheiben, an denen sie aufgehängt sind

Schafer et al. Nature (2025)

Für das Wetter und Klima spielen Vorgänge in den verschiedensten Schichten der Atmosphäre eine Rolle. Doch für die Schicht in 50 bis 100 Kilometer Höhe – die Mesosphäre – fehlt es bisher an Daten. Flugzeuge und Wetterballons erreichen diese Höhe nicht und Satelliten kreisen weit höher um die Erde. Winzige und extrem leichte Sensoren könnten aber Abhilfe schaffen. Eine Forschungsgruppe schlägt nun vor, einen besonderen physikalischen Effekt zu nutzen und die Sensoren mit Sonnenlicht zu erwärmen, sodass sie tagsüber stabil in der Mesosphäre schweben. Erste Laborversuche für diesen Antrieb präsentiert die Gruppe in einer Studie in der Fachzeitschrift „Nature“.

Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen berechnete Benjamin Schafer von der Harvard University in Cambridge in den USA zuerst die Kräfte, die auf kleine Flugkörper in der Mesosphäre wirken und fokussierte sich auf den Effekt der sogenannten Photophorese: Dabei treffen Gasmoleküle auf ein Objekt, und zwar umso heftiger, je wärmer eine Seite ist, denn eine wärmere Seite erhitzt die Gasmoleküle bereits beim Annähern. Ist die Unterseite eines Flugkörpers also wärmer als die Oberseite, übertragen die erwärmten Gasmoleküle beim Aufprall einen höheren Impuls auf die Oberfläche als die Gasmoleküle auf der Oberseite. Es wirkt dann eine – wenn auch sehr kleine – Kraft nach oben, die Flugkörper in extrem dünner Luft zum Schweben bringt.

Ultraleichtbau und geringer Luftdruck ermöglichen Schweben

Schafer und sein Team stellten einen etwa fingernagelgroßen und gerade mal 0,13 Milligramm leichten Prototyp für solche schwebenden Flugkörper her. Er besteht aus zwei hauchdünnen, mit zahlreichen Löchern perforierten Membranen aus Aluminiumoxid. Diese sind durch 25 Mikrometer dünne Hohlsäulen miteinander verbunden. Die obere Membran reflektiert Sonnenlicht gut und bleibt kühl. Die untere Membran dagegen absorbiert das durch die Löcher einfallende Licht dank einer speziellen Beschichtung besser und heizt sich auf. Sie kann sogar 300 Grad Celsius heißer werden als die obere Schicht. Den Berechnungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zufolge reicht das, um die kleinen Flugkörper in der Mesosphäre schweben zu lassen, denn dort ist der Luftdruck dreitausend Mal kleiner als nahe der Erdoberfläche. „Wir sind in der Lage, unsere Strukturen so leicht zu machen, dass die photophoretische Kraft größer ist als ihr Gewicht, sodass sie fliegen“, fasst Schafer zusammen.

Eine schematische Darstellung der Atmosphäre mit mehreren Schichten und Technologien. Ganz oben im Bild befinden sich zwei Satelliten im niedrigen Erdorbit (Low-Earth Orbit). Darunter ist eine strichlierte Linie, beschriftet mit 100 km Kármán line, worunter die Mesosphäre dargestellt ist. Dort schweben mehrere vernetzte Objekte mit flachen darüber befestigten Schirmen. Sie sind durch gestrichelte Linien mit den Satelliten verbunden, wobei diese Verbindung mit Satellite interconnectivity beschriftet ist. Unter der Mesospäre ist eine Grenze namens 50 km stratopause eingezeichnet. Eine gestrichelte Linie führt von einem Flugobjekt zu einem Flugzeug in der Schicht darunter: Stratosphere & troposphere, sowie zu einer Gewitterwolke, begleitet von der Beschriftung „Climate data and avigation“. Am Erdboden links darunter stehen eine Satellitenschüssel und rechts eine Person mit einem Smartphone, verbunden durch eine gestrichelte Linie zu den Flugobjekten. Dort ist eine Beschriftung: „Next-generation telecoms“.

Illustration der Einsatzzwecke für schwebende Flugkörper in der Mesosphäre

Ob das wirklich funktioniert, testete das Team in einem Experiment: In einer Vakuumkammer mit einem so geringen Luftdruck wie in der Mesosphäre beleuchteten die Forschenden ihre Prototypen mit Lichtquellen, die das natürliche Sonnenlicht simulierten: blaues Laserlicht und eine weiß strahlende Leuchtdiode. Beide Lichtquellen reichten aus, um die Flugkörper stabil schweben zu lassen. Um kleine Sensoren und Funkmodule in der Mesosphäre tragen zu können, müssten jedoch Flugkörper aus deutlich größeren Membran-Strukturen entwickelt werden. Sollte dies gelingen, ließen sich die Flugkörper mit einem Wetterballon nah an die Mesosphäre bringen. Dort ausgesetzt könnten sie dank der Photophorese weiter aufsteigen und Daten sammeln.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2025/mesosphaere-sonnenlicht-laesst-sensoren-schweben/