Mehr Elektronen aus Sonnenlicht

Jan Oliver Löfken

Feld von Solarzellen, im Hintergrund eine strahlendhelle Sonne

leolintang/iStock

Strom aus Sonnenstrahlung ist einer der Schlüssel für nachhaltige Energiegewinnung. Die Solarzellen dafür wurden in den vergangenen Jahren dank verbesserter Fertigungsmethoden ständig effizienter. So wandeln die besten monokristallinen Siliziumzellen im Labor bereits über 26 Prozent der Energie des Sonnenlichts in elektrischen Strom um – neue Konzepte wie Tandem-Solarzellen sogar fast 33 Prozent. Einen völlig neuen Weg schlagen nun zwei Materialforscher mithilfe von Modellrechnungen vor. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, lassen in der Simulation eingelagerte Kupferatome den möglichen Wirkungsgrad sprunghaft ansteigen.

Für ihre Studie simulierten Srihari Kastuar und Chinedu Ekuma von der Lehigh University in Bethlehem in den USA neuartige Solarzellen aus den Halbleitermaterialien Germaniumselenid und Zinnsulfid. Zusätzlich platzierten sie in die nur wenige Nanometer dünnen Schichten – virtuell am Computer – einzelne Kupferatome.

Fast zwei Elektronen pro Photon

Die neue Schichtstruktur mit eingelagerten Kupferatomen führte in den Modellrechnungen zu Umwandlungsraten zwischen 110 und 190 Prozent. Das bedeutet, dass solche Solarzellen pro absorbiertem Lichtteilchen, auch Photon genannt, mehr als ein Elektron freisetzen könnten. Normalerweise erzeugt in einer Solarzelle grundsätzlich ein Photon höchstens nur genau ein Elektron. Das entspricht maximal einer Umwandlungsrate von 100 Prozent.

Möglich wird die hohe Umwandlungsrate durch den besonderen Aufbau der Solarzelle, der mehr energetische Niveaus für Elektronen bietet. Über diese können die Elektronen in einen Zustand höherer Energie – das sogenannte Leitungsband – übergehen. So können mehr Elektronen als in anderen Solarzellen in dieses Leitungsband wechseln und tragen so zum photovoltaischen Strom bei, der sich von der Solarzelle abgreifen lässt. Diese erhöhte Effizienz hebt den theoretischen Höchstwert für den Wirkungsgrad – das Shockley-Queisser-Limit – von etwa 32 Prozent auf 63 Prozent. Zudem könnten die neuartigen Solarzellen bis zu 80 Prozent des einfallenden Sonnenlichts aufnehmen, vom sichtbaren Licht bis weit in die infrarote Strahlung.

Wie hoch der Wirkungsgrad solcher Solarzellen in der Praxis ist, lässt sich allein mit den Modellrechnungen allerdings nicht bestimmen. Dafür müssten zunächst reale Solarzellen anhand des Designvorschlags von Kastuar und Ekuma entwickelt und getestet werden. Die dafür nötigen Techniken stünden nach Aussage der Forscher schon zur Verfügung. „Unser Modell ist ein vielversprechender Kandidat für die Entwicklung hocheffzienter Solarzellen der nächsten Generation“, ist Ekuma überzeugt.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2024/solarzellen-mehr-elektronen-aus-sonnenlicht/