Neues Mikroskop für elektrische Potenziale

Jan Oliver Löfken

Das Bild zeigt zwei Aufnahmen der gleichen Probe, links mit dem Aufnahme eines Rastertunnelmikroskops und rechts mit einem Rasterquantenpunktmikroskop aufgenommen. Der linke Teil des Bildes zeigt das Objekt in grauen Farbabstufungen, während es im rechte

Forschungszentrum Jülich/Christian Wagner

Mit modernen Mikroskopen lassen sich Oberflächenstrukturen bis auf ein Atom genau sichtbar machen. Mit einer neuen Methode gehen Physiker jetzt noch einen Schritt weiter und bestimmen sogar die elektrischen Potenziale von Atomen und Molekülen mit einer vergleichbaren Genauigkeit. In der Fachzeitschrift „Nature Materials“ stellen sie nun ihre neue Mikroskopiemethode vor, mit der sich scharfe Bilder der elektrischen Potenziale von hunderten Molekülen bereits binnen einer Stunde gewinnen lassen.

Die positiv geladenen Atomkerne und negativ geladenen Elektronen, aus denen sich Atome und Moleküle zusammensetzen, erzeugen aufgrund ihrer Ladung elektrische Potenziale. Bereits auf kurzen Distanzen überlagern sich die elektrischen Potenziale und gleichen sich aus, sodass es mit herkömmlichen Methoden bislang kaum möglich war, sie zu messen. Dieses Problem lösten nun Christian Wagner vom Peter Grünberg Institut am Forschungszentrum Jülich und seine Kollegen mit einer neuen Mikroskopiemethode. Der Schlüssel zu ihrem Erfolg liegt in einem einzigen Molekül an der Spitze eines herkömmlichen Rasterkraftmikroskops. Dieses Molekül bildet einen sogenannten Quantenpunkt und dient damit als Sonde für die elektrischen Potenziale. Das Besondere daran ist, dass die Sonde wie ein Schutzschirm wirkt, der die störenden elektrischen Felder benachbarter Probenbereiche dämpft. „Der Einfluss der abgeschirmten elektrischen Felder fällt exponentiell ab und der Quantenpunkt detektiert nur den unmittelbar umliegenden Bereich“, so Wagner.

In ersten Messungen bestimmten Wagner und Kollegen die elektrischen Potenziale von Silberatomen und Kohlenmonoxid-Molekülen mit einer Genauigkeit von gut einem Nanometer – also einem Milliardstel Meter. „Wir können die elektrischen Felder einzelner Atome und Moleküle nicht nur sichtbar machen. Wir können diese jetzt auch präzise quantifizieren“, erläutert Wagner. Zudem automatisierten die Forscher das Abtasten der Oberfläche mit einem von Forschern der Universität Magdeburg speziell für das Mikroskop entwickelten Controller. Bislang benötigten Wagner und seine Kollegen fünf bis sechs Stunden, um ein einzelnes Molekül zu untersuchen. Mit dem Controller lässt sich eine Probe aus hunderten Molekülen jetzt bereits innerhalb einer Stunde abbilden. „Mit dem Controller scannen wir die ganze Oberfläche wie mit einem normalen Rasterkraftmikroskop“, sagt Wagner.

Ein Nachteil gegenüber herkömmlichen Rasterkraftmikroskopen gibt es allerdings: Die Quantenpunktsonde kann bislang nur unter Vakuum und bei tiefen Temperaturen auf die Spitze des Mikroskops gesetzt werden. Rasterkraftmikroskope funktionieren dagegen auch bei Raumtemperatur. Dennoch könnte das Quantenpunktmikroskop schon bald getestet werden, um etwa neue Chips oder Katalysatoren zu entwickeln. Auch für die Analyse komplexer Biomoleküle mit dreidimensionalen Strukturen ließe sich das Quantenpunktmikroskop möglichweise nutzen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2019/neues-mikroskop-fuer-elektrische-potenziale/