Flexible Diamanten

Jan Oliver Löfken

Die künstlerische Darstellung zeigt Nadeln, die auf einer Fläche stehen. Von oben berührt ein pyramidenförmiges Objekt die Nadeln und verbiegt sie nach rechts.

Y. Lu/A. Banerjee/D. Bernoulli/H. Zhang/M. Dao/S. Suresh

Kein natürlich vorkommendes Material ist stabiler und fester als Diamant. Überraschenderweise lassen sich die Kristalle dennoch biegen und dehnen wie Gummi. Dieses Verhalten beobachteten Forscher nun bei winzigen Nadeln aus Diamant. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, ließen sich die Diamantnadeln mithilfe eines größeren Diamanten um bis zu neun Prozent verbiegen. Da sich mit dieser Verformung auch optische, elektronische und magnetische Eigenschaften ändern, könnten mithilfe der Nanonadeln beispielsweise neuartige Sensoren entwickelt werden.

Ming Dao vom Massaschusetts Institute of Technology in Cambridge und seine Kollegen züchteten die winzigen Nanonadeln, indem sie Kristalle in einer heißen Kohlenstoffatmosphäre wachsen ließen und in einem anschließenden Ätzprozess strukturierten. Mithilfe eines Rasterelektronenmikroskops erkannten die Wissenschaftler, dass sich die 300 Nanometer großen und kegelförmigen Diamantnadeln nebeneinander anordneten. Um die Festigkeit der winzigen Diamantstrukturen zu testen, drückte das Team um Dao mit einer vielfach größeren Diamantspitze von oben auf die senkrecht stehenden Nanonadeln. Eigentlich sollten die filigranen Nadeln unter einer Drucklast von etwa 100 Gigapascal zerbrechen. Doch stattdessen ließen sie sich um einige Hundert Nanometer verbiegen und sogar elastisch stauchen. Ohne Drucklast nahmen die Nanonadeln wieder ihre ursprüngliche Form an. „Wir waren sehr überrascht, wie stark sich Diamant auf der Nanoskala elastisch deformieren lässt“, sagt Dao.

Parallel durchgeführte Berechnungen ergaben, dass sich die Diamantnadeln um etwa neun Prozent verbiegen lassen, ohne dabei zu brechen. Dagegen verformen sich größere Diamantkristalle um allerhöchstens ein Prozent. So näherten sich die Wissenschaftler mit ihren monokristallinen Nanonadeln dem theoretischen Maximum der Flexibilität von Diamantstrukturen an. Zudem führten die Wissenschaftler weitere Experimente mit polykristallinen Nanonadeln – die aus vielen kleinen Einzelkristallen bestehen – durch. Die Tests zeigten, dass sich auch diese Strukturen verbiegen lassen, aber schon bei deutlich geringeren Belastungen zerbrechen.

 

Carla Schaffer/AAAS

Nanonadeln unter dem Rasterelektronenmikroskop (links) und in der Computersimulation (rechts)

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2018/flexible-diamanten/