Elektronische Schaltkreise in Gartenrose

Jan Oliver Löfken

Cyber-Rosen – So kann das Ergebnis einer Arbeitsgruppe aus Schweden genannt werden, die erstmals innere Strukturen einer lebenden Pflanzen in künstliche, bioelektronische Schaltkreise umgewandelt haben. Ihren ungewöhnlichen Ansatz, der in Zukunft eine elektronische Kontrolle des Pflanzenwachstums ermöglichen könnte, präsentieren sie in der Fachzeitschrift „Science Advances“. Weitere Impulse erwarten die Forscher auch für eine künstliche Photosynthese, bei der mit der Hilfe pflanzlicher Komponenten aus Sonnenlicht Energieträger wie Wasserstoff gewonnen werden könnten.

Eine Rose ist an ein elektrisches Leitungssystem angeschlossen.

Cyber-Rose

„Niemand vor uns hat auf diese Weise elektronische Komponenten in Pflanzen produziert“, sagt Magnus Berggren von der Linköping University. Mit seinen Kollegen nutzte er in einem ersten Schritt die Leiterbahnen einer angeschnittenen Gartenrose. In dieses sogenannte Xylem konnte ein elektrisch leitfähiger Kunststoff – ein Polythiophen (PEDOT) – binnen zwei Tagen über Kapillarkräfte hineinwandern. So entstanden inmitten des Rosenstengels bis zu zehn Zentimeter lange Mikrodrähte, die eine überraschend hohe Leitfähigkeit von über 100 Millisiemens pro Zentimeter zeigten. Die ursprüngliche Funktion des Xylems – der Transport von Wasser und Nährstoffen – wurde dabei kaum gestört, da sich das Polymer bevorzugt an den Wänden der Leiterbahnen ablagerte.

Mit filigranen Goldnadeln stachen Berggren und Kollegen in den Rosenstengel und kontaktierten ihre bioelektronischen Drähte an verschiedenen Positionen. Die Kontakte setzten sie dabei so geschickt, dass inmitten des Rosenstengels ein neuartiger elektrochemischer Transistor entstand. Wurde von außen eine elektrische Steuerspannung angelegt, konnte damit der Ionenfluss innerhalb der pflanzlichen Leiterbahn kontrolliert werden.

In weiteren Versuchen ließen die Forscher den leitfähigen Kunststoff auch durch die winzigen Poren einzelner Rosenblätter eindringen. Dabei nutzten sie eine spezielle Vakuummethode, die im Blatt einen kleinen Unterdruck erzeugte. Nach dieser Behandlung wies das Blatt auch eine elektrische Leitfähigkeit entlang des eingedrungenen Polymers auf. Zudem ließ sich über eine äußere Spannung die Färbung des Blattes über einen organischen, elektrochromatischen Effekt verändern.

Diese Versuche sind erste Schritte eines neuen Forschungsfelds, das man organische Bioelektronik nennen könnte. Die Wechselwirkungen von elektronischen Spannungspulsen mit den Ionenkreisläufen in Pflanzen könnten in Zukunft genauer untersucht werden. Forscher hoffen darauf, dass sich der Stoffwechsel und das Wachstum der Pflanzen künftig über elektrische Reize direkt in lebenden Pflanzen manipulieren lassen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2015/elektronik-in-pflanzen/