Warum die Erde unter Santorin bebt

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Santorin kommt nicht zur Ruhe. Erst vergangene Woche erschütterte wieder ein Erdbeben der Stärke 4,4 die griechische Insel. Und zu Beginn des Jahres registrierten Sensoren rund um die Ferieninsel etwa 30 000 Beben, zeitweise wurde sogar der Notstand ausgerufen. Wie die vielen und teils starken Beben ablaufen und was sie verursacht, berichten Forschende nun in der Fachzeitschrift „Nature“: Offenbar bewegt sich flüssiges Gestein drei bis zwanzig Kilometer tief in der Erdkruste und verursacht die Beben.
Rund um Santorin erstreckt sich der hellenische Inselbogen. Darunter schiebt sich die Afrikanische Erdplatte unter die Ägäische. Die Beben in dieser Region entstehen durch Magma, das durch die Erdkruste nach oben steigt, so Marius Paul Isken vom Helmholtz-Zentrum für Geoforschung. Nun rekonstruierte er mit seinen Kolleginnen und Kollegen, wie sich das geschmolzene Gestein im Erdinneren bewegt. Sie nutzten dazu ein engmaschiges Netzwerk aus Erdbebensensoren an Land und auf dem Meeresboden, Höhenmessungen durch Satelliten sowie Gas- und Drucksensoren. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz analysierten sie die Beben, sodass sie schnell deren Stärke und Position bestimmen konnten.
Beben in mehreren Phasen
Auf diese Weise stellten Isken und sein Team fest, dass mehrere Phasen im Untergrund abliefen: Bereits seit dem Sommer 2024 stieg Magma unter Santorin aus der Erdkruste bis in ein Magmareservoir in knapp vier Kilometer Tiefe auf. Dabei hob sich die Insel sogar um etwa fünf Zentimeter. Ab dem 27. Januar setzte dann der Bebenschwarm ein, beginnend fünf Kilometer westlich von Santorin. Diese Bebenaktivität verschob sich anschließend nordöstlich in Richtung des Unterwasservulkans Kolombo – wenige Kilometer von Santorin entfernt. Daraufhin verlagerten sich die Beben weiter nordöstlich zur benachbarten Insel Anhydros in flachere Krustenbereiche in etwa fünf Kilometer Tiefe. Es folgten weitere Beben in etwa zwölf Kilometer Tiefe, woraufhin sich das Zentrum der Bebenaktivität zurück in Richtung Santorin und nur fünf Kilometer flache Zonen verschob. Schließlich schwächten sich die Erschütterungen ab dem 20. Februar deutlich ab.
Diesen Verlauf brachten die Forschenden in Zusammenhang mit einer komplexen Bewegung der Magmamassen. Wie sie feststellten, sind die Magmakammern unter dem Santorin- und dem Kolumbo-Vulkan miteinander verbunden. Beide erhalten Nachschub an dem flüssigen Gestein aus der tieferen Erdkruste und beeinflussen ihre enthaltenen Magmamassen durch ihre Verbindung gegenseitig. Das hat zur Folge, dass sich das Magma bewegt – und die Beben entsprechend der Bewegung zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten auftreten.
Droht ein Vulkanausbruch?
Die neuen Erkenntnisse lassen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur den Vulkanismus und die Beben unter dem hellenischen Inselbogen besser verstehen. Auch das Risiko für künftige Beben oder gar einen möglichen Vulkanausbruch lässt sich so besser abschätzen. Denn ein großer Vulkanausbruch wie die Eruption des Kolumbo in Jahr 1650 oder die große minoische Eruption des Santorin-Vulkans im 16. Jahrhundert v. Chr. lässt sich nicht ausschließen.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2025/erdbeben-warum-die-erde-unter-santorin-bebt/