Neuartiges Lichtsegel zentriert sich automatisch

Rainer Kayser

Quadratische Segelfläche mit kleiner Sonde in der Mitte vor Sternenhintergrund

NASA

Lichtsegel, die Laserstrahlen nicht reflektieren, sondern gezielt ablenken, könnten zukünftig als Antrieb für Mini-Raumsonden dienen, die innerhalb von Jahrzehnten zu anderen Sternen fliegen. Denn Forscher zeigten in Experimenten, dass sich solche Segel selbstständig zentrieren und so eines der Hauptprobleme dieses Antriebskonzepts lösen. Damit rücke die technische Realisierung von lasergetriebenen interstellaren Raumsonden näher, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Physical Review Letters“.

„Die Möglichkeiten herkömmlicher Raketenantriebe sind ausgereizt“, erklärt Teamleiter Grover Swartzlander vom Rochester Institute of Technology in den USA. Denn bei dieser klassischen Antriebstechnik muss der Treibstoff mitgeführt werden – für Missionen zu anderen Sternen eine unüberwindliche Hürde. Dagegen stellen Lichtsegel eine Alternative dar. Zwar ist der durch Sonnenlicht oder Laserstrahlen ausgeübte Druck gering. Doch da die Energie von außen zugeführt werden könne, sei sie im Prinzip unbegrenzt, so der Forscher. Die Raumfahrtorganisationen der USA und Japans haben bereits erfolgreich Lichtsegel im erdnahen Raum getestet. Und im Rahmen seines Projekts „Breakthrough Starshot“ plant der israelisch-russische Milliardär Juri Milner briefmarkengroße Sonden in das 4,37 Lichtjahre entfernte System Alpha Centauri zu senden – beschleunigt durch extrem energiereiche Laser auf der Erde.

Doch bei diesem Konzept gibt es ein Problem: Weicht die Ausrichtung des Lasers oder der Sonde etwas ab, kann das Raumfahrzeug aus der Bahn geworfen werden. In ihren Experimenten verwendeten Swartzlander und seine Kollegen nun – statt der üblichen reflektierenden Folie – Beugungsgitter aus Flüssigkristallen für die Lichtsegel. Diese Gitter lassen zwar Licht durch, lenken es aber unter einem definierten Winkel ab und sorgen so ebenfalls für einen Antrieb. Durch die spezielle Kombination von zwei Flächen konstruierten die Forscher außerdem ein Segel, dass sich automatisch zentriert: Jede fehlerhafte Ausrichtung wurde sofort durch eine Kraft kompensiert, die sich gegen diese Abweichung richtete.

Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA zeigt sich bereits an dem neuartigen Konzept interessiert. Die Ausrichtung des Segels sei „ein kritischer Schritt“ bei der praktischen Umsetzung von lasergetriebenen Lichtsegeln, sagt Les Johnson vom Marshall Space Flight Center der NASA. Doch es gebe noch eine Reihe offener Fragen – wie etwa die Stabilität des Materials des Beugungsgitters unter hochenergetischer Laserstrahlung. Immerhin, „die Technologie macht Fortschritte“, so Swartzlander. Aber bis zur Umsetzung einer interstellaren Weltraummission ist es noch ein weiter Weg.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/neuartiges-lichtsegel-zentriert-sich-automatisch/