Erfolgreiche Kometenlandung mit Hindernissen

Michael Büker

Ein Bein eines mechanischen Geräts vor einer steil aufragenden Felswand.

Trotz großer Schwierigkeiten und einem völlig unerwarteten Verlauf ist die erste jemals unternommene Landung auf einem Kometen geglückt. Der tatsächliche Ort der Landung und die Lage des Kometenlanders Philae sind noch nicht abschließend geklärt. Dennoch ist der Lander intakt und zeitweise in der Lage, Fotoaufnahmen und wissenschaftliche Daten zu übertragen. Da der Lander nun deutlich weniger Sonnenlicht erhält als ursprünglich geplant, kann Philae möglicherweise nur einige Tage, statt wie ursprünglich geplant mehrere Wochen, aktiv bleiben.

Verschwommene Aufnahme eines kleinen Raumfahrzeugs mit drei Beinen.

Philae im Sinkflug

Nach zehn Jahren Flugzeit zum Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko hatte die ESA-Raumsonde Rosetta am 12. November 2014 den Lander Philae zu einem mehrstündigen Sinkflug in Richtung der Oberfläche des Kometen abgesetzt. Wegen der sehr schwachen Anziehungskraft des Kometen war Philae mit drei Landesystemen ausgestattet: Großen Schrauben in jedem der drei Beine, die sich in den Untergrund bohren sollten, Harpunen, die im Moment des Aufsetzens in den Boden gerammt werden und Philae festhalten sollten, sowie einer Gasdüse, die den Lander im selben Moment nach unten drücken sollten, um den Rückstoß der Harpunen auszugleichen.

Schon vor dem Abkoppeln stellte das Landerteam fest, dass die Düse wegen eines Problems mit dem Tank nicht funktionsfähig sein würde. Philae sollte allein durch die Schrauben und die Harpunen im Moment des Aufsetzens auf der Kometenoberfläche gesichert werden. Tatsächlich empfingen die Wissenschaftler im Landerkontrollzentrum in Köln am späten Nachmittag das Signal, dass die Beine des Landes abgefedert hatten und die Spulen der Harpunenseile aktiviert worden waren. Auf Basis dieser Information wurde eine erfolgreiche Landung auf dem Kometen vermeldet: „Wir können definitiv bestätigen, dass der Lander auf der Oberfläche ist,“ hieß es aus dem Kontrollzentrum.

Eine staubige, von Sand und Steinen bedeckte Fläche.

Philaes erster Landeplatz vor dem Aufsetzen

Doch wie sich wenig später herausstellte, hatten die Harpunen aus bisher ungeklärtem Grund nicht gefeuert. Da die Oberfläche des Kometen anscheinend deutlich härter war als angenommen, konnten die Schrauben nicht greifen und Philae prallte von der Oberfläche ab. Der Lander geriet dabei offenbar in Drehung, was sich durch periodische Abbrüche der Funkverbindung zwischen Philae und der Rosetta-Sonde bemerkbar machte. Auf ein manuelles Auslösen der Harpunen wurde aufgrund der ungeklärten Situation verzichtet.

Nach dem Abprallen flog Philae erneut bis zu einen Kilometer hoch über den Kometen, um schließlich nach knapp zwei Stunden in einer Entfernung von etwa einem Kilometer von der Stelle des ersten Aufsetzens erneut den Boden zu berühren. Dort prallte der Lander abermals ab, flog aber nur mit sehr geringer Geschwindigkeit weiter und kam wenige Minuten später schließlich endgültig zum Stehen. Stefan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt kommentierte dies mit Humor: „Gestern sprach ich von zwei möglichen Landungen, heute sind es schon drei. Es scheint eine Inflation von Landungen zu geben!“

Erste Aufnahme des endgültigen Landeplatzes

Vorläufige Untersuchungen der ersten Fotos nach der Landung deuten darauf hin, dass Philae direkt neben einer aufragenden Felswand in einer stark geneigten Position liegt und eines der drei Beine des Landers keinen Bodenkontakt hat – Philae steht fast auf der Seite. An diesem ungeplanten Landeplatz empfängt Philae nur etwa ein Viertel der ursprünglich geplanten Menge an Sonnenlicht, sodass der Lander voraussichtlich nicht wie geplant mehrere Wochen aktiv sein wird, sondern schon in einigen Tagen mit dem Entleeren der beiden verfügbaren Batterien zu rechnen ist. Daher werden aktuell neue Pläne für den Betrieb der wissenschaftlichen Instrumente erarbeitet, um in der kurzen verfügbaren Zeit noch den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Allerdings, so Jean Pierre Bibring von der Universität Paris-Süd: „Viele der Instrumente haben schon die Daten sammeln können, die sie aufnehmen wollten. Wir haben bereits großartige Daten gesehen.“

Ein unvollständiges Panorama von einer zerklüfteten Landschaft in ungleichmäßiger Belichtung.

Panoramabild mit Illustration der Lage Philaes

Den Wissenschaftlern stehen keine gezielten Möglichkeiten zur Verfügung, um die Lage des Landers noch zu beeinflussen. Als extreme Maßnahmen wären das Abfeuern der Harpunen oder das Einziehen und Ausklappen der Beine theoretisch möglich, doch wegen der unvorhersehbaren Konsequenzen werden diese Maßnahmen zur Zeit nicht mit Priorität betrachtet. Auch manche Instrumente, wie etwa ein Bohrer für Bodenproben, haben mechanisch aktive Teile, welche die Position des Landers beeinflussen könnten. Es wird nun genau geprüft, ob ihr Einsatz vertretbar ist, oder sogar die Chance birgt, Philaes Lage zu verbessern.

In einer emotionalen Pressekonferenz der ESA am 13. November sprachen die beteiligten Ingenieure und Wissenschaftler von großem Glück bei der Landung. Jean Pierre Bibring sagte: „Die Nachricht zum Mitnehmen ist nicht: Es war ein Fehlschlag, sie sind woanders runtergekommen als sie sollten. Wir haben mit der Landung auf einem Kometen etwas Wunderbares geleistet!“ Klim Tschurjumow, der den nach ihm und Swetlana Gerassimenko benannten Kometen 1969 an der Universität Kiew entdeckt hatte, beglückwünschte die ESA und alle Beteiligten der Rosetta-Mission für den Erfolg. „Sie haben ein Wunder möglich gemacht. Bravo!“, so der 77-Jährige.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2014/erfolgreiche-kometenlandung-mit-hindernissen/