Suprafluides Lithium: Nobelpreisträger beobachtet exotischen Phasenübergang

Je kälter Materie wird, desto exotischere Zustände nimmt sie an. Nahe dem absoluten Nullpunkt bei etwa minus 273 Grad Celsius bilden sich Superatome, so genannte Bose-Einstein-Kondensate.

Cambridge (USA) - Alle Teilchen innerhalb dieses Superatoms sind vollständig delokalisiert und können durch eine einzige Wellenfunktion beschrieben werden. In diesem Zustand können die ultrakalten Gaswolken sogar ohne jede Reibung fließen, sie sind suprafluid. Das Team um den deutschen Physik-Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle, der am Massachussets Institute of Technology (MIT) arbeitet, konnte nun den Übergang in diesen Zustand bei gepaarten Lithium-Atomen erstmals genau beobachten. Ihre Ergebnisse, die eine Grundlage für heiß begehrte Supraleiter bei Raumtemperatur legen könnten, veröffentlichten sie in der Zeitschrift "Nature".

"Unsere Methode bietet ein leistungsfähiges neues Werkzeug, um den suprafluiden Phasenübergang zu charakterisieren", erläutert das Ketterle-Team. Zeigte bereits vor wenigen Jahren die Innsbrucker

Arbeitsgruppe um Rudolph Grimm, dass gepaarte Lithium-Atome ein Bose-Einstein-Kondensat bilden können, beobachtete mit MIT-Gruppe nun den

Phasenwechsel. Dabei griffen sie auf eine absichtlich unausgeglichene Mischung aus Lithium-Atomen mit unterschiedlichen Spinkomponenten - hoch und

runter - zurück. Zuerst verteilten sich diese Atome noch homogen in einer kleinen Wolke. Doch bei starker Abkühlung auf Temperaturen nahe dem

absoluten Nullpunkt geschah im Zentrum der Wolke plötzlich der Übergang in den Bose-Einstein-Zustand.

Mit Magnetfeldern kontrollierten die Forscher diesen Übergang im Bereich der so genannten Fesh-Resonanz. Bei Magnetfeldstärken unterhalb dieser Resonanz formen je zwei fermionische Atome die gewünschten Paare, die als bosonische

Moleküle beschrieben werden können. Oberhalb der Resonanz binden die Lithium-Atome schwächer aneinander und sind dann mit den so genannten

Cooper-Paaren in Supraleitern vergleichbar sind. Wird der Übergang zwischen diesen Zuständen besser verstanden, können sich neue Erkenntnisse über Suprafluidität und Supraleitung gewonnen werden. Hierin sehen die Physiker sogar eine Chance, um in Zukunft Materialien zu entwickeln, die auch noch bei Raumtemperatur zum Supraleiter werden und Strom ohne jeden Verlust leiten können.

In einem begleitenden Kommentar hebt J. E. Thomas von der Duke University die Bedeutung des beobachteten Phasenwechsels hervor. Er sieht die

Möglichkeit, mit diesen Experimenten grundlegende Prozesse im Universum - von der Suprafluidität in Neutronensternen bis zur Hydrodynamik in einem

Quark-Gluonen-Plasma - besser verstehen zu können.

 

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2006/suprafluides-lithium-nobelpreistraeger-beobachtet-exotischen-phasenuebergang/