Lichtempfindliche Fasernetze können "sehen"

Mit dichten Fasernetzen grobe Bilder sehen, das gelang US-Forschern mit ihrer speziellen lichtempfindlichen Faser: Sie erzeugt bei Lichteinfall einen schwachen Strom.

Cambridge (USA) - Wenn mehrere Fasern als Netz eine Fläche oder gar Kugel bilden, kann eine Software aus den unterschiedlichen Stromsignalen die Richtung, die Intensität und sogar die Phase des einfallenden Lichts bestimmen -- ganz ohne die bisher üblichen Detektorfelder samt Linsen, Filtern und Strahlenteiler. Auch nehmen die Fasern das Licht ohne Einschränkung aus allen Richtungen wahr. Je dichter das Gewebe der flexiblen Fasern, desto genauer könnte ein solches leichtgewichtiges, dreidimensionales Konstrukt die grobe Sehfähigkeit eines Auges nachbilden: In einem Test erkannte das Computerprogramm einfache, beleuchtete Pappbuchstaben.

Die Vision der Forscher geht aber weit darüber hinaus: Weiterentwickelt, könnten ihre Fasern nicht nur das Messen optischer Felder revolutionieren, sondern auch Weltraumteleskope verbessern, licht- und schatten-empfindliche Kleidung ermöglichen oder Geräte mit Lichtzeigern steuern helfen. Und gelingt es, die Zusammensetzung der Faser zu verändern, so die Forscher im Fachblatt "Nature Materials", lassen sich vielleicht sogar andere Wellenlängenbereiche messen, etwa Wärme.

"Bisher war fast jedes optische System durch eine optische Achse oder Blickrichtung eingeschränkt", erklärt Ayman Abouraddy, Materialforscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die transparenten Fasernetze hingegen reagieren auf einfallendes Licht aus allen Richtungen. Sein Team um Yoel Fink, Professor für Materialwissenschaften, entwickelte die flexiblen, halbleitenden Fasern von einem Millimeter Durchmesser: Sie bestehen aus einem lichtempfindlichen Zentrum aus amorphem Chalkogenidglas, in ganzer Länge in Kontakt mit einer durchlaufenden Metallelektrode und umhüllt von einem transparenten Polymer. Der Strom, den sie bei Lichteinfall generieren, fließt ein einen angeschlossenen Schaltkreis. Entsprechend kann ein Computer aus den Signalen eines ganzen Netzes ein Einfallmuster erstellen.

Die Forscher konstruierten drei Formen: eine Fläche (32 x 32 Fasern), eine Doppelfläche und eine Kugel (20 x 22 Fasern). Da ein Lichtstrahl an einer Stelle in die Kugel eintritt und sie an anderer Stelle wieder verlässt und dabei teilweise absorbiert wird, ist die Richtung des Strahls recht einfach zu berechnen. Das flächige Netz macht es möglich, auch die Verteilung der Lichtintensität zu messen, wie sie etwa von Streufeldern stammen. Eine Fläche liefert eine parallele Projektion der einfallenden optischen Intensitätsverteilung in jede Richtung. Kombiniert mit einer zweiten Fläche, ließ sich sogar die Amplitude und Phaseninformation des einfallenden Lichtmusters bestimmen. Entsprechend zeigte der Rechner auch ein Bild des Buchstaben "E", wenn der von hinten beleuchtete große Pappbuchstabe neben der Doppelfläche platziert wurde.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2006/lichtempfindliche-fasernetze-koennen-sehen/