Flugzeug ohne Rotor

Dirk Eidemüller

Illustration des Modellflugzeugs

S. Barrett/MIT

Egal ob Jettriebwerke, Propellermaschinen oder Hubschrauberrotoren, sie alle machen Lärm. Denn um ein Flugzeug anzutreiben, benötigt man einen starken Luftstrom – den üblicherweise schnell rotierende Flügel erzeugen. Einem Forscherteam um Haofeng Xu vom Massachusetts Institute of Technology in den USA gelang es nun erstmals, ein völlig neuartiges Antriebskonzept in die Realität umzusetzen: Ihr ultraleichtes Modellflugzeug kommt ohne bewegliche Teile aus und gleitet dadurch nahezu geräuschlos durch die Luft, wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“ berichten.

Der nun entwickelte Prototyp besitzt eine Spannweite von fünf Metern und wiegt rund zweieinhalb Kilogramm. Das Antriebssystem beruht auf dem sogenannten elektroaerodynamischen Effekt. Zunächst transformierte das Team dazu die Batteriespannung auf 40 Kilovolt hoch. Diese Spannung verteilte es dann über dünne Drähte unterhalb der Flügel. Aufgrund des hohen elektrischen Feldes entstand in der Nähe der vorderen Drähte eine selbsterhaltende Glimmentladung in der Luft und ionisierte die umgebenden Luftmoleküle. Die elektrisch geladenen Ionen erfuhren daraufhin im elektrischen Feld eine Beschleunigung zu den weiter hinten gelegenen Kollektorelektroden und erzeugten so einen Rückstoß, der das Flugzeug antrieb.

Große Halle, durch die das Flugzeug fliegt, angedeutet durch mehrere Bilder des Flugzeugs hintereinander

Testflug

In ersten Testflügen erreichten Xu und seine Kollegen bei einer elektrischen Leistung von rund 500 Watt einen Schub von gut drei Newton, was etwa der Gewichtskraft von drei Schokoladentafeln entspricht. Der Prototyp legte eine Strecke von rund 60 Metern zurück, wobei er ungefähr einen halben Meter über dem Boden schwebte. In dieser Höhe profitiert das Modellflugzeug noch vom sogenannten Bodeneffekt, der für zusätzlichen Auftrieb sorgt. Die Versuche fanden in einer Halle statt und dementsprechend bei völliger Windstille. Ein längerer Flug in größerer Höhe würde die Schwierigkeiten deutlich erhöhen. Ein Passagierflugzeug mit elektroaerodynamischem Antrieb dürfte es auf absehbare Zeit also nicht geben.

Bereits in der Vergangenheit gab es Versuche, ähnliche magnetohydrodynamische Antriebe für Wasserfahrzeuge zu entwickeln. Doch es stellte sich heraus, dass diese Systeme zu wenig Leistung bringen: Bei den angestrebten Geschwindigkeiten war der Energieverbrauch unverhältnismäßig hoch. Über den Prototypenstatus kam dieses Vorhaben daher nie hinaus. Dennoch könnte sich ein elektroaerodynamischer Antrieb vielleicht in bestimmten Nischenanwendungen als nützlich erweisen. Die Wissenschaftler um Xu verweisen auf die Geräuschlosigkeit und darauf, dass sich ein solcher Antrieb besser als konventionelle Triebwerke miniaturisieren ließe.

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2018/flugzeug-ohne-rotor/