Funketiketten messen Herzschlag und Blutdruck

Jan Oliver Löfken

Direkt am Körper lassen sich Blutdruck oder Puls noch immer am besten messen. In der Fachzeitschrift „Nature Electronics“ präsentieren zwei Wissenschaftler nun eine Alternative zu Druckmanschette, Brustsensor oder Sportarmband: Mithilfe von Funketiketten können sie verschiedene Vitalfunktionen ohne jeden Körperkontakt zuverlässig aufzeichnen. Grundlage ihrer Messungen sind detaillierte Analysen der vom Körper reflektierten Mikrowellen.

Ein Mann sitzt neben einem Computermonitor, der verschiedene Wellenlinien anzeigt.

Vitaldaten per Funk

Zunächst simulierten Xiaonan Hui und Edwin Kan von der Cornell University in Ithaca am Computer, wie der Herzschlag oder ein sich bei der Atmung hebender Brustkorb die Ausbreitung und Reflexion schwacher Mikrowellen beeinflussen. Anschließend überprüften sie ihre Methode an einer Testperson, die am Handgelenk und im Brustbereich ein Funketikett trug. Die Sensoren wurden entsprechend der Körperfunktionen wie Herzschlag, Atmung und Blutfluss bewegt – und sendeten dabei Mikrowellen mit einer Frequenz von 950 Megahertz aus. Diese Wellen gelangten sowohl direkt zu einem Nachweisgerät als auch in den Körper, wo sie reflektiert wurden.

Das Team fing die direkten und reflektierten Mikrowellen aus einem Abstand von etwa einem Meter auf und analysierte sie im Detail. Die Atemfrequenz ließ sich aus der Hebung des Brustkorbs über eine Phasenverschiebung der direkt zum Empfänger laufenden Mikrowellen ermitteln. Die Pulsfrequenz verursachte eine spezifische Änderung der Amplitude der vom Körper reflektierten Mikrowellen. Um den Blutdruck zu messen, kombinierten die Forscher die Daten beider Sensoren und ermittelten die zeitliche Verzögerung zwischen den Pulsdaten. „Unser Prototyp zeigte eine höhere Empfindlichkeit, als wir erwartet hatten“, so Kan.

Eine Anwendung dieser Technik sehen die Forscher etwa für Patienten, die sich von permanent angebrachten Sensoren oder Armbändern gestört fühlen. Zwei in einem Pyjama im Brustbereich und an der Handmanschette integrierte Funketiketten sollen für ausreichend genaue Messungen genügen. Zentral installierte Empfangsgeräte auf einer Station könnten sogar parallel die Messdaten von etlichen Patienten aufnehmen. Auch im Sportsektor wäre eine Anwendung dieser kontaktlosen Messtechnik vorstellbar: Die Funketiketten könnten die Vitaldaten einer ganzen Fußballmannschaft messen und mit einer stärkeren Sendeleistung während eines Spiels zum Trainer am Spielfeldrand senden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2017/funketiketten-messen-herzschlag-und-blutdruck/