Blasenfrei Wasser kochen

Jan Oliver Löfken

Kugel im Wasser. Links sind einige Riffel von Dampf zu sehen, rechts ein großes Blasenfeld um die Kugel.

Thuwal (Saudi Arabien) – Fallen Wassertropfen auf eine heiße Herdplatte, tanzen sie auf einem winzigen Dampfpolster hin und her. Dieses Phänomen, das Johann Gottlob Leidenfrost vor über 250 Jahren in Duisburg entdeckte, nutzen nun arabische und amerikanische Forscher, um Wasser ganz ohne Blasenbildung zum Kochen zu bringen. Dank einer stark wasserabweisenden Oberfläche konnte das sonst alltägliche Blubbern stark vermieden werden. Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift „Nature“ berichten, könnte ihre Entdeckung zu einem sichereren Betrieb von Dampfkreisläufen beispielsweise in Kernkraftwerken führen.

„Wärmetransport und kochendes Wasser treten in vielen industriellen Prozessen auf“, schreiben Ivan Vakarelski von der King Abdullah University of Science and Technology in Thuwal und seine Kollegen von der Northwestern University in Evanston. Heute wird eine mitunter gefährliche Blasenbildung durch eine genaue Betriebskontrolle vermieden. In Zukunft könnten fein strukturierte Oberflächen von Röhren und Kesseln die Sicherheit weiter erhöhen. Auf dem Weg zu einer blasenhemmenden Anlage beschichteten die Forscher eine zwei Zentimeter kleine Stahlkugel mit einem stark wasserabstoßenden, sogenannten superhydrophoben Lack. Dieser bestand aus speziellen organischen Substanzen und fein verteilten Nanopartikeln.

Aufgeheizt auf bis zu 400 Grad Celsius tauchten Vakarelski und Kollegen diese Stahlkugel in heißes Wasser. Sofort bildete sich rund um die Kugel ein dünner Film aus Wasserdampf (links im Bild) analog zu dem Dampfpolster unter den auf der Herdplatte tanzenden Tropfen. Wegen der superhydrophoben und nanostrukturierten Beschichtung konnten keine Blasen an der Kugeloberfläche entstehen. Auf unbehandelten Stahlkugeln dagegen entwickelten sich schnell viele kleine Dampfblasen, die durch das Wasser blubbernd aufstiegen (rechts im Bild).

Extrem wasserabstoßende Oberfläche stabilisieren demnach die nach Leidenfrost benannte Verdampfungsphase von Wasser. Bei anderen Oberflächen geht dieser Zustand rasch in die aus dem Alltag bekannte Blasenbildung über. Da die blasenhemmenden Dampfschichten allerdings wärmeisolierend wirken, könnte das Aufheizen in speziell beschichteten Kesseln jedoch länger dauern und mehr Heizenergie benötigen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2012/blasenfrei-wasser-kochen/